Geimpfte Flugbegleiter schützen sich und Passagiere vor Corona. Schließlich hat die Crew viel Kundenkontakt. Mit Swiss hat nun die erste europäische Airline die kontroverse Impfpflicht eingeführt.
Die Schweizer machen in Sachen Impfpflicht Nägel mit Köpfen und verkündeten, dass ab 15. November ein „Impfobligatorium” für das fliegende Personal gilt. Damit gehört die Lufthansa-Tochter zu den ersten, die in Europa ihrer Belegschaft das Vakzin quasi verordnet.
Bis dato hatten nur außereuropäische Fluglinien diesen Schritt gewagt. Qantas hatte vor Kurzem verfügt, dass ebenfalls bis Mitte November die Crews gegen Covid-19 geimpft sein müssen. Es ist eine umstrittene Entscheidung, die besonders von den Gewerkschaften in Frage gestellt wird. Aber angesichts explodierender Infektionszahlen in Down Under aufgrund der Delta-Variante sieht sich Qantas gezwungen, so zu handeln. Swiss dagegen stützt sich auf die entsprechenden Klauseln in den Gesamtarbeitsverträgen des Cockpit- und Kabinenpersonals, die eine solche Maßnahme unter diesen Umständen vorsehen.
„Impfungen sind der einzige Weg, um diesen Teufelskreis aus Lockdown und Grenzschließungen zu durchbrechen. Für die Mitarbeiter von Qantas und Jetstar bedeutet das, wieder zur Arbeit zurückzukehren“, zitiert die BBC Qantas-CEO Alan Joyce. Einer Umfrage unter den 22 000 Bediensteten zufolge sind bereits 89 Prozent geimpft oder planen es. Zudem befürworten Dreiviertel der Befragten den Impfzwang.
Eine ähnlich strikte Impfpolitik verfolgt auch United Airlines, doch erst nachdem man mit Incentives nicht mehr weiterkam. Anfang August gehörte die Fluggesellschaft zu den ersten US-Airlines, die den Druck auf ihre über 60 000 Mitarbeiter in Bezug Corona-Impfung erheblich erhöhte. US-Medien wie CNBC zufolge müssen United-Angestellte bis 25. Oktober geimpft sein. Andernfalls riskieren sie ihren Arbeitsplatz. Inzwischen haben Hawaiian Airlines,der US-Billigflieger Frontier Airlines und jüngst Air Canada mit den ähnlichen Maßnahmen nachgezogen.
Bereits komplett durchgeimpft sind Cathay-Pacific-Mitarbeiter. Den Flugbegleitern der Airline aus Hongkong war bereits im Juni mitgeteilt worden, dass das Beschäftigungsverhältnis von allen, die bis 31. August nicht geimpft seien, noch einmal „neu bewertet“ werden würde, schreibt die South China Post. Ebenso keine Wunschveranstaltung ist der Corona-Pieks bei Malaysia Airways und Singapore Airlines.
So sehr Impfzwang die schnelle Lösung sein mag, er entspricht nicht immer der Gesetzeslage von Staaten oder der Philosophie des Unternehmens. American Airlines und Delta Air wollen derzeit noch nicht von Impfzwang sprechen. Aber Delta erhöht den Druck. Wer bis November noch ungeimpft ist, muss für seine Krankenversicherung eine Risikoprämie von 200 US-Dollar mehr pro Monat bezahlen. Außerdem stellt Delta niemand neu ein, der nicht gegen Covid-19 immunisiert wurde. Eine Taktik, die mittlerweile viele US-Airlines anwenden.
In Deutschland hofft die Lufthansa, bald beim fliegenden Personal nur noch vollständig Geimpfte einsetzen zu können. Eine Impfpflicht kann in Deutschland aber nur der Staat vorschreiben, erklärte ein Lufthansa-Sprecher der „Tagesschau“. Deshalb bemüht sich das Unternehmen nun um eine entsprechende Betriebsvereinbarung. Eine solche gibt es bereits für Gelbfieberimpfungen. Seit 7. Juni haben die Betriebsärzte des Unternehmens mit der Immunisierung der rund 100 000 Mitarbeiter an drei Standorten begonnen. Priorität hatten zunächst alle Angestellten mit viel Kundenkontakt.
Bei Emirates aus den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde ebenfalls niemand zu seinem Vakzinglück gezwungen, doch mit ordentlich Druck nachgeholfen, um die Impfrate nach oben zu treiben. Bereits im März drohte die Airlines ihrem fliegenden Personal, dass jeder, der sich nicht impfen lasse, die Corona-Tests vor jedem Flug selbst zu bezahlen habe. Ganz ähnlich ist auch die Konkurrenz aus Abu Dhabi, Etihad, vorgegangen. Die Fluggesellschaft rühmt sich dafür, im Februar bereits alle Mitarbeiter mit dem chinesischen Vakzin von Sinopharm immunisiert zu haben. Geschafft hat sie das, indem sie ihren Bediensteten mitteilte, dass jeder zwar wählen könne, aber wer an Covid-19 erkranke, käme weder in den Genuss von Krankengeld noch Versicherungsleistungen.
Solch drastische Maßnahmen musste Qatar Airways nicht anwenden, um seine Crew-Mitglieder zum Pieks zu überreden. Stattdessen hatte jeder die Wahl sich entweder impfen oder eben ständig lästige Corona-Tests über sich ergehen zu lassen, um fliegen zu dürfen. Geholfen haben auch umfangreiche Aufklärung, Incentives und nicht zuletzt die Tatsache, dass die Airline jeden mit den begehrteren Vakzinen Biontech oder Moderna versorgen konnte.
(thy)
[aktualisiert am 27.8.21, 13 Uhr]
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