Corona stellt die tägliche Reinigung von Hotelzimmern in Frage. Menschlicher Kontakt ist schließlich ein Risiko. In spe könnte es Reinigungsservice nur noch auf Bestellung geben.
Vor ein paar Monaten verkündete der renommierte Hotelkonzern Hilton mit derzeit weltweit 575 Häusern, dass er die tägliche Zimmerreinigung einstelle. Nur noch in den Häusern seiner Luxusmarken Conrad, LXR und Waldorf Astoria würden die Gästezimmer automatisch täglich gereinigt.
Konkret bedeutet das: Wer in den USA in einem Hilton zum Beispiel der Marke Hampton absteigt, dessen Zimmer wird nur alle fünf Tage gesäubert. Tägliches Putzen muss ausdrücklich angefordert werden. Die Idee auf den Verzicht lässt sich aus den Pandemieempfehlungen der US-Gesundheitsbehörde CDC ableiten. Diese rät, um Kontakte zu minimieren, bei mehrtägigen Aufenthalten eines Gastes das Zimmer nicht täglich zu säubern. Stattdessen wird bei jedem Gästewechsel gründlichst gereinigt und desinfiziert.
Auch in der Bundesrepublik mussten die Hotels wegen Corona ihre Hygienekonzepte anpassen. Dabei haben auf die Beherbungsbranche spezialisierte Softwareunternehmen wie Betterspace360.com das Thema „tägliche Zimmerreinigung“ genau unter die Lupe genommen. Ihr Fazit: Bleiben Gäste nur zwei Tage, dann ist es sicherer, gar nicht zu putzen. Handtuchwechsel sowie Zimmerreinigung könnte der Gast extra bestellen – vorzugsweise online über die App oder das Hotel-Tablet auf dem Zimmer, sodass direkte Begegnungen zwischen Gast und Personal auf jeden Fall vermieden werden.
Aber auch ganz ohne Pandemie und die prekäre Lage der Hotellerie war es nur eine Frage der Zeit, wann die tägliche Zimmerreinigung auf den Prüfstand gekommen wäre. Bereits vor Corona experimentierte A & O Hostels mit der Idee, nicht jeden Tag die Zimmer zu putzen. Im Frühjahr 2019 hatten Gäste in den europaweit 39 Häusern erstmals die Möglichkeit, das tägliche Putzen abzubestellen. Als Dankeschön erhielten sie einen Gutschein für einen Drink.
Das Resultat war ermutigend. In nur zwei Monaten kamen circa 10000 Reinigungsvorgänge weniger zustande. Das machte sich vor allem in der Umweltbilanz positiv bemerkbar. Insgesamt wurden dadurch 75 000 Liter Wasser, 708 Kilowattstunden Strom sowie 20 000 Müllbeutel eingespart. Abwasser und Putzmittel waren hier noch nicht einmal mit eingerechnet.
Nachhaltigkeit ist also ein schlagendes Argument, um auf zu viel Putzen zu verzichten und zugleich das Image aufzupolieren. Schließlich ist der Klimawandel in aller Munde – und wer wollte da als Gast nicht auch ein bisschen mithelfen, die Welt zu retten? Und sei es nur mit etwas weniger Plastikmüll, Energieverbrauch und Umweltverschmutzung. Insofern bietet das Thema Reinigungsstopp der Hotelbranche eine auf Neudeutsch perfekte Win-Win-Situation. Denn sie kann sich einerseits einen grünen Anstrich geben, indem sie den Gast wählen lässt, ob er wirklich jeden Tag sein Zimmer säubern lassen oder lieber etwas für die Umwelt tun will.
Gleichzeitig schont sie mit dem Putzverzicht die Kasse. So zählt Suitepad, der Hersteller von digitalen Gästemappen, in seinem Blog Kunden die Vorteile der sogenannten Green Option auf – also der Absage auf die tägliche Zimmerreinigung. Gäste fühlen sich gut, wenn sie sich zugunsten der Umwelt für Verzicht entschieden haben. Und wer kehrt nicht gerne dahin zurück, wo er sich wohlgefühlt hat? Im gleichen Atemzug könnte die Herberge solche Kunden mit einem Voucher fürs Lokal oder die Bar belohnen in der Hoffnung, dass sie dann auch gleich mehr konsumieren. Und schließlich spart der Hotelier Personal- und Materialkosten.
(thy)
Hotel-Design: Ja, wo ist denn die Rezeption?
Hoteltrends: Mehr Öko-Bewusstsein, weniger Gästefrust