Ein Blick auf die neuen Marken der großen internationalen Bettenkonzerne zeigt: Die Branche setzt auf das mittlere Preissegment und längere Aufenthalte. Nur Accor und Langham tanzen aus der Reihe.
Pandemie und Klimawandel haben das Verhalten von Geschäftsreisenden gründlich geändert. Home Office lässt sich heutzutage von überall betreiben, Bleisure ist beliebt, weil es Arbeit mit Freizeit verbindet, und mit längeren Geschäftsreisen versuchen Firmen, klimabewusst und kostengünstig zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
Die Hotellerie nimmt diese Kundenbedürfnisse nicht nur zur Kenntnis, sondern reagiert darauf mit neuen Konzepten und Hotelmarken. Seit Jahresanfang werden im Monatstakt neue Hotelmarken verkündet, die in spe um eine sich schnell verändernde Kundschaft buhlt. Gleichzeitig spiegeln die neuen Hotelmarken auch die erschwerten Bedingungen wider. Fachkräftemangel, hohe Personalkosten und in die Jahre gekommene Immobilien verlangen nach Hotelkonzepten, die auf diese Herausforderungen eine Antwort haben.
Erst Mitte August hat IHG Hotels & Resorts (IHG) die Garner Hotels aus der Taufe gehoben. Garner zielt auf Gäste ab, die zwischen Budget- und Vier-Sterne-Niveau buchen. Ein guter Anhaltspunkt sind die zur Hotelgruppe gehörenden Holiday-Inn-Express-Häuser. Preislich werden die Zimmer etwas darunter liegen, aber anders als bei Holiday Inn Express werden sich die einzelnen Herbergen deutlich voneinander unterscheiden und einen lokaleren Bezug haben. Zum Service werden immer ein Frühstück sowie ein Shop mit Snack und Kaffee gehören, der rund um die Uhr geöffnet hat. IHG plant in den nächsten zehn Jahren 500 Hotels in den USA zu eröffnen und in den nächsten 20 Jahren mit 1000 Herbergen weltweit vertreten zu sein.
Etwas weiter sind bereits Wyndhams Echo Suites, die von der Hardware ähnlich wie die Konkurrenz ausgestattet sind. Einziger Unterschied: Echo Suites werden im Großen und Ganzen überall gleich aussehen. Gegenwärtig haben bereits Investoren für 60 Häuser in den USA und Kanada unterschrieben.
Beide Bettenkonzerne haben es auf die gleiche Zielgruppe abgesehen: Longstay-Gäste mit 20 und mehr Übernachtungen im „bezahlbaren“ Mittelsegment. Marriott spricht hier von rund 80 US-Dollar. Zudem sind die Unternehmen noch in der Planungsphase, das heißt ihre neuen Marken laufen vorerst noch unter Arbeitstiteln wie Project H3 (Hilton) und Project MidXStudios (Marriott). Konkret bedeutet das, dass alle Studios und Zimmer mit Küchenzeilen und genügend Stauraum ausgestattet sind. Zudem gibt es im Hotel Waschmaschinen und Fitness Center.
Wie sehr sich das Bettengewerbe gegenseitig im Blick hat, kann jeder an Hilton, Hyatt und Marriott erkennen. Alle drei Konzerne sind momentan dabei, für Gäste, die gehobenere Standards und solidere Ausstattung schätzen, größere Zimmer oder Apartments zu planen. Spark by Hilton platziert sich dabei im Premium-Economy-Segment mit gut ausgestatteten Mini-Apartments. Die Küchenzeile spart sich das Unternehmen, weil das Konzept noch auf Service setzt. Es gibt täglich ein Frühstücksbüfett und einen kleinen Shop, der 24/7 geöffnet ist. Hyatt Studios geht in die gleiche Richtung, aber die Unterkünfte verfügen noch über Küchenzeilen so wie einem Frühstück. Die Apartments by Marriott Bonvoy sind neben der Küchenzeile zusätzlich mit Waschmaschine und Trockner in jeder Einheit sowie separatem Schlaf- und Wohnzimmer eindeutig großzügiger ausgestattet. Allerdings: Auf Service müssen die Gäste komplett verzichten. Wer essen will, muss selbst an den Herd.
Mit der Handwritten Collection nimmt die Accor Gruppe ehemals individuell geführte Häuser mit Geschichte und Charakter unter ihre Fittiche. Traditionsherbergen in Familienbesitz haben sich in schicke Boutiquehotels verwandelt. Oftmals ist ihre Lage, ihre Architektur und Einrichtung ziemlich einzigartig. Derzeit sind bereits zwölf Häuser Europa, Australien und China im Portofolio, und jedes Objekt unterscheidet sich vom anderen. Die Zimmerpreise liegen je nach Land und Währung zwischen 100 und 300 Euro. Gegenwärtig sind 110 Herbergen im Gespräch, bis 2030 ist eine Zahl von 250 Häusern geplant.
Die Generation Y wird langsam von der Generation Z (geboren 1997 bis 2012) verdrängt. Die in Hongkong ansässige Langham Group hat für sie Ying’nFlo erfunden. Dabei handelt es sich um eine Hotelmarke, die sich auf das Wesentliche konzentriert und zugleich lebensfroh und stylish daherkommt. Wesentlich bedeutet in diesem Fall Power-Duschen, komfortables Bett und vor allem stabiles XXL-WLAN. Bis dato haben zwei Hotels in Hongkong eröffnet und eines ist für Xiamen (Festland China) geplant. Ob die Marke es in den Westen schafft, ist noch offen. Vorerst sieht man großes Potenzial rund um den Pazifik.
(th)
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