Die Luftfahrt könnte Studien zufolge durch Flugumleitungen der rasanten Erderwärmung entgegenwirken. Aber Kondensstreifen zu umfliegen, hätte langfristig auch einen großen Nachteil.
Derzeit erwärmt sich die Erde in einem Tempo, dass sofortige Maßnahmen zugunsten des Klimaschutzes erfordert. Allerdings denkt die Luftfahrtbranche meist über die Entwicklung und den Einsatz von Sustainable Aviation Fuel (SAF) nach, um CO2 zu sparen. Die Entwicklung von SAF sowie alternativen Antrieben wird aber noch eine Weile dauern. Die Herausforderungen sind dabei die Mengen und die Kosten.
Daher lassen neue Studien aufhorchen, die relativ einfache und preiswerte Maßnahmen in Aussicht stellen, mit denen der Luftverkehr zumindest die Erderwärmung fürs Erste verringern könnte. Im Mittelpunkt steht dabei die Vermeidung von Kondensstreifen, die entstehen, wenn die Flieger Abgase wie Wasserdampf und Feinstaub in eisigen Zonen ausstoßen. Diese künstlich erzeugten Zirruswolken verstärken vor allem den Treibhauseffekt.
Kondensstreifen machen rund 35 Prozent des Gesamtbeitrags der Luftfahrt am Klimawandel aus, was bis zu zwei Prozent der gesamten Erderwärmung entspricht. Zugleich werden 80 Prozent der Kondensstreifen nur von zwei bis zehn Prozent der Flüge verursacht. Warum also nicht zumindest einen Teil dieser Flüge einfach umleiten?
Um die Praxistauglichkeit dieses Gedankens zu testen, haben die Organisation von Bill Gates Breakthrough Energy, Google Research und American Airlines zusammengearbeitet. Anhand von Satellitenbildern, Wetterdaten, Softwaremodellen und KI-Vorhersagetools umflogen Piloten Gebiete, in denen sich Kondensstreifen hätten bilden können. Nach 70 Probeflügen in einem halben Jahr zeigten die Satellitenauswertungen, dass die Umroutungen die Gesamtlänge der Kondensstreifen im Vergleich zu nicht umgeleiteten Flügen um 54 Prozent verringert hatten.
Intelligente Flugumleitungen mögen zwar schneller und relativ preiswert die Klimaziele erreichen, aber gratis gibt es sie nicht. Doch eine Studie, die im Fachportal „Environmental Research: Infrastructure and Sustainability“ erschienen ist, belegt, dass Flugumleitungen auch für die Airlines finanzierbar wären. Kombiniert wurden das Flugbahn-Berechnungssystem der österreichischen Firma Flightkeys 5D mit einem Vorhersagemodell von Kondensstreifen. Es ging darum 49 411 Flüge in den ersten zwei Juniwochen 2023 und 35 429 Flüge in den ersten zwei Januarwochen 2024 zu simulieren.
Das Resultat: Kleine Umwege zu fliegen, um die schädlichen Kondensstreifen zu vermeiden, würde nur 0,08 Prozent mehr an Kosten sowie 0,11 Prozent mehr an Kraftstoffausgaben bedeuten, um 73 Prozent weniger erderwärmender Kondensstreifen zu erzeugen. Noch besser: Um oben genannte Ergebnisse zu erreichen, mussten lediglich 14 Prozent der simulierten Flüge umgeleitet werden.
Doch abgesehen davon, dass zurzeit weiter geforscht, getestet und simuliert wird, werden Flugumleitungen nur eine Übergangslösung sein. Denn so schnell und einfach sie umzusetzen wären, um den akuten Treibhauseffekt abzuschwächen, die Flugumleitungs-Methode würde das CO2-Emissionsproblem nicht langfristig lösen. Bei einer Umleitung würde schließlich wieder mehr Kerosin verbraucht. Davon lässt sich Marc Shapiro, Mitautor der Studie und Leiter des Kondensstreifen-Teams bei Breakthrough Energy, jedoch nicht abschrecken: „Die Vermeidung von Kondensstreifen könnte eine der besten Möglichkeiten sein, die Auswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima zu begrenzen, und jetzt haben wir den ersten realen Beweis, dass dies möglich ist.“
(thy)
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