International SOS blickt düster in die Zukunft. Die weltweiten Dauerkrisen überfordern Firmen und Belegschaft. Nicht nur physische, sondern vor allem psychische Probleme lähmen Mensch und Wirtschaft.
Die Verunsicherung angesichts der nicht endenden Kette von Katastrophen ist derzeit riesengroß. International SOS hat weltweit 675 Sicherheitsexperten für den „Risk Outlook Report 2024“ befragt. 80 Prozent sagen voraus, dass Burnout im nächsten Jahr erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen haben wird. Zugleich finden jedoch nur 41 Prozent, dass ihr Unternehmen dafür gerüstet ist.
Gefahren wie Krieg und Klimakatastrophen scheinen gefährliche Nebenwirkungen zu haben. Nach Corona erwartet SOS International nicht nur typische Gefahren wie klimabedingte Desaster und weltweite Unruhen, sondern vor allem psychische Phänomene wie Burnout und hohe Erwartungen der Mitarbeiter an die Arbeitgeber, die Fürsorgepflicht auf die ganze Familie zu erweitern. Und nicht zuletzt überfordert Künstliche Intelligenz (KI) immer öfter jeden, wenn es darum geht, Fake von Fakt zu unterscheiden.
Kaum war die Pandemie einigermaßen im Griff und ein Ende des ruinösen Stillstands in der Serviceindustrie in Sicht, überfiel Putin im Februar 2022 die Ukraine und bescherte der ganzen Welt Lieferkettenprobleme und hohe Energiepreise. Und ein Ende der Gewalt – etwa zwischen Israel und der Hamas – ist abzusehen. Die Befragung zeigt, dass das wahrgenommene Risikoniveau für die nächsten 12 Monate das höchste jemals gemessene ist. 65 Prozent glauben, dass die globalen Risiken im Jahr 2024 weiter steigen werden. Firmen verzeichnen einen spürbaren Anstieg der stressbedingten Fehlzeiten. International SOS rechnet mit noch mehr Burnouts und Krisenmanagement-Müdigkeit, die das Niveau vor der Pandemie übersteigt.
Noch nie sind die Temperaturen so schnell angestiegen wie in den letzten 50 Jahren. 2023 waren extreme Wetterereignisse die zweithäufigste Kategorie unter den Tausenden von International SOS veröffentlichten Warnmeldungen. Jedes vierte Unternehmen gab an, dass die eigene Geschäftstätigkeit bereits durch auf den Klimawandel zurückzuführende Ereignisse beeinträchtigt wurde. Drei Viertel der Firmen erwarten, dass extreme Wetterlagen auch im nächsten Jahr Mitarbeiter und die Firmen herausfordern werden. Allerdings: Nur die Hälfte ist ausreichend dafür vorbereitet.
Die Klimaerwärmung gefährdet jedoch auch jeden einzelnen Menschen, weil sich mit den steigenden Temperaturen auch Infektionskrankheiten schneller ausbreiten können. Vektorübertragene Krankheiten (z.B. Malaria durch Moskitos) besorgen inzwischen die Gesundheitsbehörden. Unternehmen sollten für neuartige medizinische Risiken gewappnet sein.
Drei von vier Befragten sind der Meinung, dass ihr Unternehmen 2024 erheblichen Auswirkungen geopolitischer Spannungen ausgesetzt sein wird. Vor allem die Krise in Israel und im Gazastreifen sowie der Krieg in der Ukraine destabilisieren das globale Umfeld. Zivile und soziale Unruhen, gepaart mit politischer Instabilität, rangieren ebenfalls hoch bei den Befürchtungen der Unternehmen. Das Problem ist dabei, dass sich der Ausbruch von schwelenden Krisen und Bürgerkriegen schwer vorhersagen lässt. Betriebe jedoch sollten daher entsprechende Sicherheitsmaßnahmen und -pläne in der Schublade haben.
Die Bedeutung von KI kommt der industriellen Revolution gleich. Was man damit einmal machen kann, ist noch gar nicht ausgemacht. Fest steht jedoch, dass die derzeitigen Fähigkeiten von KI erst einmal allen Angst vor Missbrauch einjagen. Denn bis dato kann KI hervorragend Dokumente, Photos etc. fälschen. Wie aber können Firmen und Mitarbeiter verlässliche Informationen von Fehlinformationen und absichtlicher Desinformation unterscheiden? Mehr als zwei von fünf Befragten der Risk-Outlook-Studie zufolge machen sich Sorgen über die Auswirkungen von medizinischen Fehl- und Desinformationen auf ihre Belegschaft. Diese Zahl steigt auf drei von fünf Befragten, wenn es um ungenaue politische Informationen geht.
Risiko Nummer fünf greift in die Taschen der Firmen. Drei Viertel der befragten Unternehmen berichten von gestiegenen Erwartungen der Mitarbeiter an die Fürsorgepflicht. Eine ähnliche Anzahl von Firmen übernimmt nun auch Pflichten, die früher der Staat erledigt hat, einschließlich zwei Drittel, die bestätigen, in Notzeiten die Verantwortung für die Unterstützung der Familien von Arbeitnehmern auszuweiten. Die arbeitsmedizinische Vorsorge ist nach wie vor unerlässlich, muss aber durch vielfältige Maßnahmen ergänzt werden, um Arbeitnehmer weltweit zu schützen und für sich zu gewinnen.
(thy)
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