2022 verzeichnete die Deutsche Bahn mehr Übergriffe auf ihre Mitarbeiter. Zugleich ist die Sicherheit zunehmend auch an Bahnhöfen mittelgroßer Städte wie Nürnberg bedroht.
Im vergangenen Jahr zählte die Bahn mit 3138 Fällen rund 21 Prozent mehr Übergriffe auf Mitarbeiter als noch 2021. Circa 30 Prozent der Tätlichkeiten lassen sich 2022 auf die Durchsetzung der Maskenpflicht zurückführen. Weitere rund sieben Prozent standen im Zusammenhang mit dem 9-Euro-Ticket.
Mit der Lockerung bzw. Ende der Maskenpflicht entfiel zwar eine Ursache für Auseinandersetzungen, zugleich stiegen die Passagierzahlen durch das 9-Euro-Ticket im Sommer auf Vor-Corona-Niveau an, zum Teil deutlich höher. Auch der Nachholeffekt von Veranstaltungen und der Fußballreiseverkehr ließ die Zahl der Übergriffe steigen.
Die meisten Angriffe – nämlich die Hälfte – bekommen laut Unternehmen dabei die Mitarbeiter des Regionalverkehrs ab. Auf die Sicherheitskräfte der Deutschen Bahn (DB) entfällt ein gutes Drittel der Gewaltausfälle. Doch auch Busfahrer, Reinigungs- und Servicekräfte an den Bahnhöfen werden immer wieder Opfer von Tätlichkeiten. Schwere Körperverletzung macht sechs Prozent aller Angriffe aus.
Doch nicht nur Bahnmitarbeiter müssen mit größerer Brutalität rechnen. Bahnhöfe bleiben unverändert Gefahrenzonen für Gewalt- und Drogendelikte sowie Taschendiebstahl. Der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Fraktion zufolge kam es im vergangenen Jahr zu mehr als 23 000 Gewaltstraftaten, 47 800 Eigentumsdelikten (Diebstahl) sowie 31 790 Fällen von Sachbeschädigung. In den Zügen gab es insgesamt 104 Messerangriffe.
Dass an Hamburgs Hauptbahnhof die meisten Gewalttaten gezählt werden, entspricht der statistischen Logik. Mit im Schnitt täglich 537 000 Fahrgästen ist es der frequentierteste Fernbahnhof der Republik. Überraschend ist dagegen, dass auf Platz zwei und drei nicht weitere Millionenstädte folgen, sondern die Hauptbahnhöfe von Hannover (261 000 Passagiere pro Tag) und Nürnberg (210 000 Passagiere pro Tag) mit vor allem Taschendiebstahl und anderen Eigentumsdelikten. Der Kölner Hauptbahnhof weist im Verhältnis viele Sexualstraftaten auf. Dortmund bringt es schwerpunktmäßig viele Waffen- und Drogendelikte.
Um der wachsenden Kriminalität und steigenden Übergriffen in Zügen und auf Bahnhöfen zu begegnen, rüstet die DB bei der Sicherheitstechnik und Ausbildung auf. Laut Unternehmen werden jährlich über 180 Millionen Euro für Reisende und Mitarbeiter ausgegeben. Rund 4300 DB-Sicherheitskräfte sowie 5500 Bundespolizisten sichern täglich vor Ort.
Getestet werden derzeit Bodycams. So tragen die Kundenbetreuer auf der Schwarzwaldbahn probeweise Bodycams. Erste Untersuchungen des Einsatzes zeigen, dass sich sowohl das Zugpersonal als auch Reisende damit sicherer fühlen. Die Ausweitung des Tests auf weitere Regionen ist bereits geplant. Zugleich steht für 20 000 Bahnmitarbeiter, die im Kundenbereich arbeiten, Deeskalationstraining auf dem Programm. Die Fortbildungskurse werden jeweils auf aktuellen Konfliktschwerpunkte angepasst.
Ausgeweitet wird auch die Videoüberwachung. Gegenwärtig sind bereits rund 50 000 Kameras in fast drei Viertel aller Nahverkehrs- und S-Bahnzüge im Einsatz und etwa 9000 Kameras haben auf den Bahnhöfen der DB alles im Blick. Bis 2024 soll diese Zahl auf 11 000 erhöht werden.
(thy)
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