Die New York Times hat interne Berichte der US-Luftfahrtbehörde FAA ausgewertet und kommt zu dem Ergebnis, dass sich in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Fast-Kollisionen im Zivilluftverkehr verdoppelt hat.
Allein im Juli dieses Jahres kam es insgesamt 46mal zu höchst gefährlichen Situationen im Flugverkehr. Beispiele:
♦ Am 2. Juli verfehlen sich in New Orleans eine landende Southwest-Maschine und eine abhebende Boeing 737 von Delta nur um Sekunden. Der Southwest-Jet kann die Landung gerade noch rechtzeitig abbrechen.
♦ Am 11. Juli kommt es auf dem Flughafen von San Francisco zu zwei Vorfällen innerhalb kürzester Zeit. So kann ein Jet der American Airlines gerade noch bei 256 km/h den Startlauf abbrechen, um nicht in eine Maschine der Frontier Airlines zu krachen. Wenig später wiederholt sich die Szene, nun wäre dem Flugportal Aerotelegraph zufolge ein Condor-Flug 2097 nach Frankfurt beinahe mit einem Frontier-Flugzeug zusammengestoßen.
♦ Nochmal zwei Wochen später wären über Dallas die Jets von American Airlines und United Airlines in der Luft zusammengeprallt, wenn die Piloten nicht rechtzeitig reagiert hätten. In diesem Fall hatte der Fluglotse die Maschine von United irrtümlich gefährlich nah an den AA-Jet geführt.
Wie die New York Times schreibt, habe es zwar schon über zehn Jahre keine schweren Flugzeugunfälle mehr in den USA gegeben. Doch der Umstand, dass die brenzligen Gefahrenmomente so deutlich gestiegen sind, zeige, dass das Sicherheitssystem unter Stress steht. So haben die meisten Airports trotz Empfehlung der Behörden keine Warnsysteme, um Kollisionen zu vermeiden.
Doch das größte Problem ist, dass in den Towern die Flutlotsen fehlen, und zwar sehr viele. So waren im vergangenen Jahr nur 10 578 Fluglotsen bei der FAA angestellt, zehn Prozent weniger als 2012. Ein besonders neuralgischer Punkt: Die Flugsicherung der FAA New York Terminal Radar Approach Control N90, wo derzeit nur knapp über die Hälfte der Lotsenstellen besetzt sind.
Im Mai beispielsweise erfüllten nur drei von insgesamt 313 US-Flughäfen die von der FAA und der Gewerkschaft empfohlene Zahl der Fluglotsen. Viele Fluglotsen müssen daher sechs Tage arbeiten. Ein Umstand, der die zivile Luftfahrt aufgrund von Stress, Übermüdung und menschlichem Irrtum immer wieder gefährdet.
(thy)
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