Buenos Aires ist das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes – hier wird gearbeitet, gelebt und getanzt. Besuch in einer Stadt, die Begehrlichkeiten weckt.
Text: Detlef Berg
Die Porteños, die Bewohner von Buenos Aires, nehmen für sich in Anspruch, den Tango erfunden zu haben. Seinen Ursprung hat der von Leidenschaft und Melancholie geprägte Tanz im Hafenviertel La Boca, wo sich Mitte des 19. Jahrhunderts ärmere italienische Einwanderer ansiedelten. Zentrum des Viertels ist das Gässchen „El Caminito“, wo die Häuser so bunt sind wie die Wäsche, die an langen Leinen aus den Fenstern hängt. Hier tönt der Tango aus jeder Bar. Bei Dämmerlicht schieben Paare Wange an Wange übers Parkett. Ihre Bewegungen sind eins mit der Musik, die Gesichter scheinen seltsam entrückt. Hier mischen sich Jung und Alt, Arm und Reich.
Auch in den Straßen wird getanzt. Für ein kleines Trinkgeld lassen sich die Protagonisten mit Touristen ablichten, die sich für einen Moment eins fühlen dürfen mit der Stadt und dem Tango. Viele von ihnen kommen nach Buenos Aires, um tanzen zu lernen, andere wollen perfektionieren, was sie zu Hause begonnen haben. Wer einmal in die Fänge des Tangos geraten ist, kann nicht mehr von ihm lassen. Warum auch…?
Mitten hinein ins Herz der Stadt findet man auch auf den vielen Stadtführungen, die zu mehr als 20 Themen oftmals kostenlos von ehrenamtlichen Guides organisiert werden. Einer dieser Rundgänge führt über den Recoleta-Friedhof. Der Cementerio de la Recoleta, erbaut im Jahr 1882, ist die letzte Ruhestätte von Reichen und Berühmten. Wie kleine Paläste oder Abbilder der Häuser, in denen die Verstorbenen zu Lebzeiten residierten, reihen sich die Mausoleen aneinander. Einer Pilgerstätte gleicht das Grab von Eva Perón, besser bekannt als Evita, auf dem immer frische Blumen liegen. Wer auf dem 5,5 Hektar großen Friedhof beerdigt werden möchte, muss tief in die Tasche greifen. Es heißt, dass eine Grabstätte noch teurer sein soll als eine luxuriöse Wohnung im vornehmen Recoleta-Viertel.
Das Recoleta-Quartier im Norden der Stadt verdankt seinen Namen den Barfüßermönchen des Franziskanerordens, den „recoletos“. Prächtige Fassaden öffnen sich hinter den Laubkronen der Platanen. Wer es sich leisten kann, hier in einer der herrschaftlichen Villen aus dem 19. Jahrhundert zu wohnen, hat keine Geldsorgen. Allerdings sind die meisten dieser extravaganten Bauten längst zwischen moderne Büro- und Apartmenthäuser eingekeilt. Bestes Beispiel dafür ist die Avenida Alvear, in der sich mit dem Alvear Palace ein 1932 eröffnetes Luxushotel befindet, das bis heute eindrucksvoll den Glanz der Belle Époque verströmt.