Auch wer nur während einer Tagesreise in einem anderen EU-Mitgliedsstaat einer Beschäftigung nachgeht, muss die Bescheinigung mit sich führen. Die A1-Bescheinigung ist der Nachweis, dass der Arbeitnehmer den deutschen Sozialversicherungsvorschriften unterliegt. Um auf die immer spontaneren Arbeitseinsätze zu reagieren, ist die Beantragung seit 2019 auch elektronisch möglich und Pflicht.
Das kann das gesamte Projekt zum Kippen bringen: Der unter schwierigsten Bedingungen koordinierte Montagetermin im Ausland platzt, weil den aus Deutschland eingeflogenen Mitarbeitern der Zutritt ins Werk verweigert wird. Und das allein, weil sie keine A1-Bescheinigungen vorlegen konnten.
Die EU- Koordinierungsregeln der Verordnung (EG) 883/2004 und (EG) 987/2009 besagen, dass Dienstreisende verpflichtet sind, selbst bei kurzfristigen, eintägigen Dienstreisen/Entsendungen ins Ausland eine A1-Bescheinigung einzuholen und mit sich zu führen. Die Bescheinigung wird in der Regel über die Personalabteilung eingeholt.
Aber zahlreiche Unternehmen handhaben diese Vorschrift sehr leger oder ignorieren sie schlicht. Dabei kann im Ausland durchaus Ärger drohen: Bei Kontrollen an den ausländischen Arbeitsstellen kann der Zutritt zum Firmen- oder Messegelände verweigert oder die sofortige Einziehung der Sozialversicherungsbeiträge nach dem Recht des Aufenthaltsstaates angeordnet werden.
Wird ein Projekt im Ausland mit deutschen Mitarbeitern durchgeführt, dann wären eigentlich zweimal Sozialbeiträge fällig: zum einen die deutschen und dann noch die im Ausland. Um eine doppelte Beitragszahlung zu vermeiden, legen die EU-Richtlinien fest, dass bei einer Entsendung nur die deutschen Regeln gelten. Dies gilt für alle EU-Staaten sowie für die Schweiz und Norwegen. Darüber hinaus sind auch Länder wie Israel, Korea, Japan und Kanada einbezogen, weil Deutschland mit ihnen entsprechende bilaterale Abkommen geschlossen hat. Dies ist maximal 24 Monate lang möglich.
Für eine Entsendun z.B. von Monteuren ist weit mehr zu erledigen als nur die A1-Bescheinigung. Damit die Monteure ihre AQrbeit beginnen können, muss dies bei der zuständigen Stelle imGastland angezeigt werden. Diese stellt dann eine Bescheinigung über diese Vorabanzeige aus. Zudem braucht der Entsender eine Mehrwertsteuernummer dees Gastlands. Ist von den Monteuren einer kein EU-Bürger, dann muss noch eine Erlaubnis und ein Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige beantragt werden. Zudem müssen Startdatum und voraussichtliche Dauer der Entsendung übermittelt werden, außerdem die Arbeitsstätte. Natürlich sind Namen, Vornamen, Geburtsdaten, Staatsangehörigkeiten und Berufe der Arbeitnehmer zu übermitteln und die Art ihrer Beschäftigung. Am Ende müssen die Monteure die Entsendebescheinigung und eine beglaubigte Kopie des A1-Formulars mit sich führen.
Auch wer an Seminaren, Konferenzen, Messen, also bei jedem beruflich bedingten Grenzübertritt, teilnimmt, braucht eine A1-Bescheinigung. Sonst drohen Bußgelder bis zu 10.000 Euro. Solche Dienstreisen gestalten sich im Vergleich zu Entsendungen nur insofern etwas leichter, weil für sie keine verpflichtende Meldung vorgenommen werden muss. Denn bei Geschäfts- und Auslandsreisen, bei denen keine Vertragsbindung zu einem im EU-Ausland ansässigen Kunden besteht, muss keine Entsendemitteilung abgegeben werden.
Nein, die A1-Bescheinigung dient nur dazu, den Verbleib in der heimatlichen Sozialversicherung zu bestätigen. Wer Zugriff auf Gesundheitsleistungen eines EU-Gastlandes haben will, benötigt je nach Dauer des Auslandseinsatzes die europäische Krankenversicherungskarte oder – bei längerem Aufenthalt – die S1-Bescheinigung.
Daneben werden in zahlreichen Ländern Leistungen aus der Unfallversicherung nach einem Arbeitsunfall nur gegen Vorlage der europäischen Krankenversichertenkarte und der A1-Bescheinigung gewährt. Es gilt Mitführungspflicht, deshalb sollte die Bescheinigung wirklich vor dem anstehenden Auslandseinsatz beschafft werden – und sei der auch noch so kurz.
Und was, wenn doch versäumt wurde, die Bescheinigung rechtzeitig zu beantragen? Dann hilft oft ein Telefonat mit der Krankenkasse weiter. Eine Garantie dafür gibt es jedoch nicht. Um auf die immer spontaneren Arbeitseinsätze zu reagieren, ist die Beantragung seit 2019 digitale möglich und verbindlich.
Seit Inkrafttreten des 6. SGB IV-Änderungsgesetzes kann der Arbeitgeber A1-Bescheinigungen unmittelbar aus dem Abrechnungsprogramm beantragen. Um sicherzustellen, dass im Ausland die Unterlagen anerkannt werden, sendet die ausstellende Stelle die maschinelle A1-Bescheinigung als elektronisches Dokument in das Abrechnungsprogramm des Arbeitgebers zurück. Dieses Dokument kann dann ausgedruckt und dem Arbeitnehmer übergeben werden. So haben es die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung in den „Gemeinsamen Grundsätzen für das elektronische Antrags- und Bescheinigungsverfahren A1“ geregelt.
Das maschinelle Verfahren ist eine Alles-oder-Nichts-Lösung. Sind die Angaben im Antrag nicht vollständig, dann verweigert der Server beim Sozialversicherer die Annahme. In solchen Fällen muss der Antrag mit vollständigen Daten erneut gestellt werden.
Im Online-Antrag für die A1-Bescheinigung ist die genaue Beschäftigung im Ausland zu beschreiben. Ein Freitextfeld gibt es dafür allerdings nicht. Statt dessen erfolgen diese Angaben im maschinellen Antrag über die Eingabe desselben Tätigkeitsschlüssels wie beim Meldeverfahren.
Der Antrag auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung ist grundsätzlich bei der Krankenkasse zu stellen. Bei privat versicherten Arbeitnehmern ist die Deutsche Rentenversicherung zuständig. Wenn der Arbeitnehmer zusätzlich berufsständisch versorgt ist, ist der Antrag an die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen zu senden.
(hwr)