Okay, die Speisenfolge steht, wie geht es weiter?
Dann haben wir die Rezepte entwickelt, der Caterer hat sie ausprobiert und mir dann die Vorschläge präsentiert. Da waren Dinge dabei, die haben mir sehr gut gefallen, aber auch Dinge, die mir nicht gefallen haben. Es ist ein langwieriger Prozess, bis die Gerichte stehen, das dauert Wochen. Da muss man schon viel Verständnis haben.
Es geht um Logistik, es geht darum, dass das Essen den Erhitzungsprozess übersteht. Außerdem muss es serviert werden können, die Optik muss stimmen und schmecken soll es natürlich auch noch. Hat das Endprodukt noch etwas mit dem zu tun, was Sie sich ausgedacht hatten?
Auf jeden Fall. Sonst würde ich das nicht machen. Wo Lafer draufsteht, muss auch Lafer drin sein. Man muss schon bereit sein, Aufwand zu betreiben. Sie können sicher sein, dass wir jedes Detail zigfach überlegt haben – und dann die Lieferanten ausgewählt haben, die die besten in ihrem Bereich sind. Konkretes Beispiel: Wir wollten Roastbeef anbieten. Das hat aber den Nachteil, dass es grau wird, wenn es lange steht. Ein Freund von mir macht Pastrami von der Kalbskeule. Das hält die Farbe, und wir haben uns dazu entschieden, anstelle von Roastbeef Pastrami-Röllchen zu machen. Das Fleisch beziehen wir von ihm.
Sie haben bei der Umsetzung Ihrer Gerichte eng mit Hermann Freidanck zusammengearbeitet, der seit über 20 Jahren F&B-Manager bei Singapore Airlines ist und Vollprofi in Sachen Airline Küche. Konnten Sie etwas lernen von ihm?
Ja, sehr viel. Er hat sofort gesehen, was a) in der Menge produzierbar ist und b) von den Stewardessen mit einer schriftlichen Anleitung so umgesetzt werden kann, dass es auch noch gut aussieht. Darüber machen wir Köche uns keine Gedanken, weil wir das Essen selber anrichten. Und hier muss ich mir auf einmal überlegen, wie ich einen Rote-Beete-Lachs mit Meerrettichschaum so präsentiere, dass die Crew damit zurechtkommt. Hermann Freidanck ist ein alter Fuchs, auf dessen Erfahrung ich gerne zurückgreifen werde in der Zukunft. Wir haben sofort eine gemeinsame Linie gefunden, es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht mit ihm.
Sie waren sogar in der Unterdruckkammer von Singapore Airlines, die diese als einzige Airline weltweit betreibt, um ihre Bordküche zu perfektionieren. Was lernt man da?
Ich sage Ihnen, was mich total fasziniert hat: Wir waren da in der Küche und haben uns alle Abteilungen angeschaut, von indisch bis thailändisch und japanisch. Einer hat feinstes Kartoffelpüree gemacht, mit Sahne, Butter, Muskatnuss. Das haben wir probiert und ich fand es – was ich gar nicht laut sagen wollte – total versalzen. Und jetzt kommt’s: Wir haben das gleiche Püree zum Test in der Unterdruckkammer gehabt, und es war für meine Begriffe fast zu wenig gesalzen. Daran sieht man, was das für ein Unterschied ist. Der Mund trocknet aus, die Sensibilität und Grundfeuchtigkeit, die man hat und braucht, um die Aromen zu unterstützen, sind im Flugzeug nicht da. Und dann schmeckt alles viel lascher. Was ich also gelernt habe, ist, dass man manchmal überwürzen muss, damit es in der Kabine richtig schmeckt. Deshalb werde ich mich künftig stark auf intensive Gewürze konzentrieren wie Chili oder Curry. Das Essen muss Power haben, sonst schmeckt es wie eingeschlafene Fiaß!