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Kabinendesign der Zukunft: Schwebende Möbel und gestapelte Passagiere

Bei "Elevate" wird viel Mobilair an die Seitenwände gehängt, dadurch entfallen massive Flugsitze, die am Boden befestigt sind. Foto: Teague

Zwar wird der „Oscar“ für Flugzeugdesign erst im Juni verliehen. Doch wer es auf die Shortlist des Crystal Cabin Awards schafft, darf sich bereits geehrt fühlen. Designer reizt die Herausforderung: optimaler Komfort bei so wenig Platz wie möglich.

Seit der Crystal Cabin Award 2007 zum ersten Mal auf der Aircraft Interiors Expo in Hamburg vergeben wurde, hat er sich gemausert.  Inzwischen gilt er für alle, die sich mit Flugzeugdesign beschäftigen, als das, was der Oscar für die Filmindustrie oder Pritzker Preis für die Architektur darstellen: die höchste Auszeichnung der Zunft.

Die Aufgabe, der sich Designer alljährlich stellen müssen, um sowohl den Fluggesellschaften wie den Reisenden gerecht zu werden, klingt wie die Quadratur des Kreises: Wie bringt man möglichst viele Personen komfortabel auf so wenig Platz wie möglich unter, damit sich das am Ende für das Flugunternehmen rentiert? Zugleich muss das Ganze so leicht und inzwischen auch so nachhaltig wie möglich sein. Bei der Rekonfiguration des Kabinenraums konzentrieren sich die Kreativen deshalb  auf die Gestaltung und Aufstellung der Sitzmöbel.

Schwebende Möbel ermöglichen mehr Platz

Ganz neu denkt die Designfirma Teague aus Seattle zusammen mit dem Hersteller Nordam die Business Class in Schmalflugzeugen. Um das Gefühl von mehr Raum und zugleich mehr Privatheit zu schaffen, hat Teague „Elevate“ erdacht – Möbel, die zu „schweben“ scheinen und quasi Mini-Suiten erlauben – und das ohne Kompromisse bei der Passagierzahl.  Das Mobiliar wie Bildschirm, Tisch, Ablage ist nicht mehr am Stuhl fixiert, sondern an den Seitenwänden. Das spart nicht nur Platz, sondern erlaubt, selbst in einem Jet mit nur einem Gang den Sitz zum Bett auszuziehen.

 

"Elevate" aus dem Designbüro Teague sieht keine Sitzreihen mehr vor, die am Boden befestigt sind. Foto: Teague

Bei "Elevate" wird das Mobiliar an die Seitenwände gehängt, dadurch entfallen kompakte Flugsitzreihen, die am Boden befestigt sind. Foto: Teague

„Airsleeper“ heißt das Sitzkonzept von Mmillenniumm, das Passagiere nicht mehr nebeneinander, sonder übereinander sitzen lässt. Foto: Mmillenniumm

Die Mini-Suite von "Airsleeper" lässt sich zu einer Liegefläche ausbauen. Foto: Mmillenniumm

Der Student Jiayi Yu schlägt schwenkbare Sitze vor, die sich ausziehen lassen. Das spart Platz, sodass man sogar noch mehr Passagiere unterbringt. Rendering: Jiayi Yu

„AirLounge“ heißt der Business-Sitz, der für Finnair entworfen wurde. Er schirmt Gäste komfortabel ab, zugleich aber lässt sich die Rückenlehne nicht verstellen. Foto: Finnair

„AirLounge“ lässt sich zum Bett umbauen. Foto: Finnair

Beim Privatjet Explorer kann man jederzeit auf Knopfdruck die Atmosphäre des Inneren ändern. Foto: Lufthansa Technik

 

Ein Kokon zum Wohlfühlen

Ebenfalls das Produkt einer Kooperation zwischen einer Kreativschmiede und einem Kabinenfabrikanten ist der Business-Class-Sitz „AirLounge“, den Finnair in den nächsten zwei Jahren einbauen will. Der Entwurf stammt von PriestmanGoode , Tangerine hat ihm den Finnair-Look verpasst und Collins Aerospace produziert ihn. Ungewöhnlich an „AirLounge“ ist der Umstand, dass sich die Rücklehne nicht bewegen lässt. Stattdessen handelt es sich um einen gepolsterten Kokonstuhl, dessen Seite zum Gang hin für mehr Privatheit stärker gekrümmt ist und der sich zu einer schrägen Liegefläche umbauen lässt, um die Beine auszustrecken oder in Löffelstellung zu ruhen.

Ein Sitz zum Schwenken

„Shift Cabin Interior“ hat Jiayi Yu seine Studie genannt . Der Student von der Hochschule Reutlingen steht auf der Shortlist, weil er sich überlegt hat, wie ein Flugsitz entlang der Sitzachse verschiedene Funktionen wie Arbeiten oder Entspannen bequem und zugleich platzsparend erfüllen kann. Die Lösung ist ein ausziehbarer Sitz, der sich in verschiedene Richtungen schwenken lässt. Das hätte zugleich den Charme, dass mit so einem Gestühl auch gleich mehr Business-Sitze auf gleich großem Raum Platz hätten.

Über- statt nebeneinander sitzen

Ein bisschen nach dem Prinzip Doppeldecker hat dagegen die Kreativfirma Mmillenniumm ihr Sitzkonzept „Airsleeper“ entworfen. Hier sitzen die Fluggäste nicht nebeneinander, sondern übereinander. Das ermöglicht ein völlig neues Kabineninneres, wo jeder Passagier quasi in seiner eigenen Mini-Zelle sitzt, mehr Platz hat und mit ein paar Handgriffen den Sitz zur Liegefläche umbauen kann.

Wie Bahnfahren über den Wolken

Nicht ganz so verführerisch klingt die Idee des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt.  Aber das kommt nur daher, dass das modulare System NeXtGC an die Bahn erinnert – und deren Ruf ist bekanntlich alles andere als sexy. Gesessen wird in einem ein Abteil mit zwei Dreiersitzreihen gegenüber. Das Gepäckfach über den Sitzen fällt weg, stattdessen hat jeder Gast ein Fach unter dem Sitz und über sich mehr Platz. Der Charme solcher Kabinen wäre, dass sich die Sitzreihen jeweils in ein Bett verwandeln können.

Szenenwechsel im Privatjet

Wer im eigenen Flugzeug fliegt, muss sich in der Regel weder um Komfort noch genug Platz sorgen. Aber vielleicht ist er so viel unterwegs, dass ihm langweilig wird, wenn er immer auf Wolken und Himmel starrt. Um das zu verhindern, hat die Lufthansa Technik für den Privatjet Explorer ein verstecktes  Projektorsystem ersonnen, das dem Fluggast auf Knopfdruck jederzeit eine andere Umgebung an die Decke und Wände wirft.

 

(thy)

 

 

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