Die Zeiten stehen auf Gleichberechtigung und Diversität. Dem können sich auch Fluglinien nicht entziehen und werden in Sachen Dresscode toleranter – zumindest ein wenig.
In der Regel erfüllen Uniformen zwei Dinge: Einerseits lässt der einheitliche Look von außen sofort erkennen, wer zu wem gehört, und andererseits schafft er ein Wir-Gefühl unter denen, die diese Montur tragen. Einher mit diesem Mono-Look gehen strenge Vorschriften in Bezug auf Frisuren, Schmuck und Schminke. Das gilt auch für Airlines, wo die Uniformen wesentlicher Teil des Brandings sind.
Da lässt es aufhorchen, wenn die Swiss seit Mai männlichen Mitarbeitern Haarknoten erlaubt bzw. das Gegenteil – Undercut-Frisuren, bei denen das Deckhaar länger bleibt, aber der Rest extrem kurz rasiert wird. Auch bei den Damen hat die Schweizer Airline was geändert. Sie dürfen auf die obligatorischen Pumps verzichten und nun Schnürschuhe tragen, aber nur mit Hosen.
Allein die Tatsache, dass die Swiss ihren Mitarbeitern an Bord ein paar optische Freiheiten mehr zugesteht, zeigt, dass bis dato immer davon ausgegangen wurde, dass die Crew mehrheitlich aus Frauen besteht. Dass auch Männer in der Kabine arbeiten und andere Haartracht als kurz tragen könnten, kam im Uniformreglement gar nicht vor.
Noch einen Schritt weiter in Sachen Vielfalt und Gleichberechtigung geht United Airlines. Ab September erlaubt das Regelwerk jeder und jedem nicht nur diskret sichtbare Tattoos, sondern auch Make-up und Nagellack. Konkret heißt das, dass wirklich alle Crew-Mitlieder unabhängig von der sexuellen Identität sich schminken und die Nägel anmalen dürfen. Zusätzlich sind nun Männern schulterlange Haare gestattet, solange sie diese wie ihre Kolleginnen während der Arbeit zurückbinden.
Der schleichende Rückzug der Airlines in Sachen strenger Dresscode-Vorschriften zeichnete sich bereits seit Längerem ab. Reagiert wird damit auf gesellschaftliche Forderungen nach mehr Inklusivität und weniger Sexismus. So strich Virgin Atlantic 2019 die Regel, die Flugbegleiterinnen Make-up vorschrieb. Im gleichen Jahr musste Norwegian Air Shuttle zurückrudern. Die Fluglinie wollte Frauen vorschreiben, Schuhe mit mindestens zwei Zentimeter Absatz sowie Make-up zu tragen. Gleichzeitig verbot sie Männern jegliche Farbe im Gesicht und das Tragen von Ohrringen.
Doch die Vorschriften haben sich nicht von selbst gestrichen. Bei Norwegian war es der lautstarke Protest der Betroffenen wegen Sexismus, bei Swiss der geduldige Druck der Gewerkschaft. Dem Branchenportal Aerotelegraph zufolge freut sich Sandrine Nicolic-Fuss, Präsidentin der Gewerkschaft des Swiss-Kabinenpersonals, zwar, dass „die Regeln nun inklusiver“ sind, aber sie hätte gerne noch mehr erreicht. So etwa die Aufhebung des Lippenstiftgebots bei Mitarbeiterinnen und die Strumpfpflicht, wenn diese Rock tragen. Noch dazu, wo die Airline für beides nicht aufkommt.
Bei United Airlines haben sich die Regeln ebenfalls nicht über Nacht geändert. Vorausgegangen waren aufwändige Befragungen der Mitarbeiter, der Passagiere sowie aller wichtigen Geschäftspartner. Erreichen wollte man, dass jeder Angestellte in der Identität arbeiten kann, in der er/sie auch lebt. „Als das Gesicht von United können unsere Mitarbeiter Kunden ein noch besseres Reiseerlebnis bieten, wenn sie das Gefühl haben, dass sie so gut wie möglich aussehen und sich wohlfühlen“, erklärte Kate Gabo, Vizepräsidentin des Personalbüros der US-Airline.
Unbelastet von Tradition und chauvinistischen Geschlechterrollen können hingegen junge Airlines mit dem Thema Uniform umgehen. Auf Unisex-Uniformen setzen die Billigflieger Aero K aus Korea und Play aus Island, die erst 2017 bzw. 2019 gegründet wurden. So gut wie alle Einzelteile können miteinander kombiniert und von jedem Geschlecht getragen werden. Dazu werden bequeme Sneakers kombiniert. Bei den Isländern gibt es zudem auch keine Anweisungen mehr in punkto Frisur und Schminke.
Unverändert streng kontrollieren arabische und asiatische Fluggesellschaften ihr fliegendes Personal – bis hin zur Gewichtskontrolle. Aber selbst da bewegt sich was. Seit 2019 dürfen Flugbegleiterinnen der Etihad, seit 2020 die der Japan Airlines Hosen tragen.
Wer jetzt denkt, im Osten sei man eben chauvinistischer, mag Recht haben. Doch auch in Europa herrschte bis Kurzem bei einigen Fluglinien Rockpflicht. Virgin Atlantic hob das Hosenverbot 2014, British Airways und Alitalia 2016 auf. Strikte Rockpflicht herrscht dagegen immer noch bei Irlands Ryanair – und die Grüne Insel liegt ja bekanntlich ganz im Westen.
(thy)
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