Istanbul wächst schneller als alle anderen Metropolen in Europa – und hält trotzdem an alten Traditionen fest. Eine Stadt zwischen Antike und Utopia.
Hier zählt jedes Jahr: Istanbul, mit einer dreitausendjährigen Geschichte eine der ältesten Städte der Welt, legt in ihrer Entwicklung ein Tempo vor, das ohne jede Übertreibung als atemberaubend zu bezeichnen ist. Wer eine Zeit lang nicht dort war, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Anfang der 1980er-Jahre zählte die türkische Metropole gerade einmal zwei Millionen Einwohner, heute sind es mehr als 14 Millionen Menschen – und ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat viel vor am Bosporus – mit gigantischen Infrastrukturprojektenwill der ehrgeizige Regierungschef sein Land zu einer der größten zehn Volkswirtschaften der Welt machen. Eines dieser Megaprojekte ist der geplante Flughafen im Norden der Stadt, der nach seiner Fertigstellung Ende 2018 bis zu 150 Millionen Passagiere abfertigen soll (⇒ weiterlesen: Generation X – die neuen Mega-Airports).
Oder aber der bereits 2013 eröffnete Marmaray-Bahntunnel unter dem Bosporus, der die europäische Seite Istanbuls mit der asiatischen verbindet. Im Bau bzw. in der Planung sind außerdem eine dritte Bosporus-Brücke mit zwei Schienen- und acht Autospuren sowie 322 Meter (!) hohen Pfeilern, die schon 2015 in Betrieb gehen soll, und eine 145 Meter breite künstliche Wasserstraße, die derzeit unter dem Arbeitstitel „Kanal Istanbul“ Gestalt annimmt und bis zum Jahr 2023 realisiert werden soll.
Ungeachtet der städtebaulichen Veränderungen bleibt Istanbul eine Metropole, in der Traditionen bewahrt werden. Das historische Stadtzentrum ist mehr oder weniger unverändert geblieben – hier stehen die prachtvolle Hagia Sophia, einst mächtigste Kirche des frühen Christentums, der Sultanspalast Topkapi und natürlich die Blaue Moschee mit ihren sechs Minaretten und den berühmten, leuchtend blauen Kacheln. Auch der Große Basar gehört zum Pflichtprogramm jedes interessierten Besuchers – Feilschen um einen Kaschmirschal oder eine (nicht ganz echte) Designer-Handtasche inbegriffen.
An manchen Ecken der Altstadt scheint die Zeit förmlich stehen geblieben zu sein – Männer beim Tee und Frauen im bodenlangen Mantel mit Kopftuch beim Einkaufen prägen das Bild vieler Straßenzüge von Eminönü, dem historischen Zentrum am Goldenen Horn. Nur zwei Straßenbahn-Haltestellen weiter Richtung Norden – Ausstieg: Tophane – findet man sich in Beyoglu wieder, dem modernen, zeitgeistigen Istanbul, wo die Mädchen enge Röhren tragen und Smartphones am Ohr.
Bevor man die steilen Gassen Richtung Galataturm emporklettert, sollte man einen Zwischenstopp am Containerhafen einlegen, wo sich in einer ehemaligen Lagerhalle das Istanbul Modern (www.istanbulmodern.org) verbirgt, eines der aufregendsten Kunsthäuser des Landes. Seit 2004 präsentiert das erste private Museum der Stadt zeitgenössische türkische Kunst. Malerei, Skulpturen, Videoinstallationen und Collagen auf zwei Etagen zeichnen ein eindrucksvolles Bild der künstlerischen Szene im Land. Im Untergeschoss werden Filme gezeigt, außerdem gibt es eine Bibliothek und ein hippes Café. Bei schönem Wetter ein Muss: eine Kaffeepause auf der Terrasse am Wasser!
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