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Ausprobiert! Die persönlichen Reiseerfahrungen der BUSINESS TRAVELLER-Redaktion: Luftfahrtjournalist und BT-Autor Andreas Spaeth testet die KLM World Business Class in der Boeing 777-200 auf der Strecke Amsterdam – Bogotá
Hintergrund: KLM ist spät dran mit der Einführung von Fullflat-Sitzen in der Business Class. Lediglich alle Boeing 747 sind bereits auf die neueste Sitz-Generation umgerüstet sowie alle neu ausgelieferten Boeing 777-300ER. Die bestehende Flotte aus 15 Boeing 777-200 steht erst am Anfang. Bis Ende des Jahres soll diese aber auch vollständig ausgestattet sein.
Check-in: Da ich Gast des Eröffnungsflugs Amsterdam–Bogotá war und aus Hamburg ankommend in Amsterdam direkt in Empfang genommen wurde, fiel der normale Check-in-Prozess weg. Nur mit Handgepäck reisend und nach Online-Check war auch in Hamburg kein Check-in mehr nötig.
Lounge: Die beiden KLM-Crown-Lounges in Schiphol bieten viel Platz, angenehm ruhige Zonen und ein relativ üppiges Speisenangebot auch mit warmen Gerichten je nach Tageszeit. Wer mag, kann hochprozentige holländische Schnäpse wie Genever verkosten oder einheimische Käsesorten ausprobieren. Die Lounge für Langstreckenpassagiere wird derzeit bis Sommer 2016 umgebaut, ist zwar weiterhin geöffnet, aber von Behinderungen ist auszugehen.
Boarding: Da ich Teil der offiziellen Gruppe war und die Wege zwischen Terminal und Gates in Amsterdam sehr weit sein können, wurden wir mit einem eigenen Kleinbus direkt zum Flugzeug gebracht.
Der Sitz: In World Business Class ordnet KLM die Sitze in 2-2-2-Konfiguration an, während ihr Partner Air France 1-2-1 bietet. Schon das bedeutet weniger Platz und Privatsphäre, trotz ausziehbarer Trennwand und leicht versetzter Anordnung. Ich saß auf 3A, der Platz neben mir blieb glücklicherweise frei. Die Kabinengestaltung oblag der bekannten holländischen Designerin Hella Jongerius. Die Sitzbezüge sind in fünf verschiedenen, sehr dunklen Farben gewirkt, sollen an einen klassischen Herren-Anzug erinnern und gleichzeitig für die Unterscheidbarkeit der Sitze sorgen. Gemessen am Air-France-Produkt sind die Ablageflächen deutlich begrenzter.
Der beste Sitz: Klar zu vermeiden sind die E-Mittelsitze, die in der Business Class (siehe Air France) eigentlich ohnehin nicht vorhanden sein sollten. Die erste Reihe mit möglicherweise Kleinkindern und in der Nähe der Trennwand zu Galley und Toiletten ist ebenfalls nicht ideal. Ich war mit meinem Fensterplatz in der Mitte der fünf Sitzreihen zufrieden. In Reihe fünf gibt es in der Boeing 777-200 keine Fenster, die sollte auch eher gemieden werden.
Der Flug: Vor dem Start gab es eine technische Verzögerung, doch dann ging es kurz vor zwölf Uhr mittags mit 20 Minuten Verspätung los. Dabei gleich die erste Enttäuschung: Die interaktive Flugkarte im Unterhaltungssystem funktionierte nicht, nur auf Umwegen ließ sich grob feststellen, wo die Maschine flog und wie lange der Flug noch dauern würde. Allerdings machte der Flugkapitän persönlich mehrfach die Runde und sprach mit Passagieren auch über den Flugverlauf.
Das Menü wurde an diesem Tag von Jonnie Boer vom Restaurant De Librije in Zwolle gestaltet, und der versteht sein Handwerk. An die Vorspeise werde ich noch lange zurückdenken, eine der besten in Anmutung, Raffinesse und Geschmack, die ich an Bord je serviert bekam: eine Art Thunfisch-Tatar mit Avocado-Fenchel-Creme und Heringskaviar, bestreut mit geröstetem Quinoa und würzigem Dressing. Himmlisch! Der Rest war in Ordnung, aber kulinarisch nicht derart herausragend – Salat mit Quinoa-Zitrus-Wasabi-Dressing, dann wahlweise Huhn in Tomatensauce, Rinderschmorbraten oder Lachs in grünem Curry, das ich mit Karotten-Passionsfrucht-Mus durchaus interessant fand. Genau wie das Dessert: Schokomousse mit Lakritze. Danach ein Mittagsschlaf auf dem mit 2,02 bis 2,05 Meter angenehm langen Bett. Den 16-Zoll-Bildschirm nutzte ich mangels Flugverlaufs-Anzeige nur zur Musikauswahl. Nach schönem Blick auf die Karibik und einem Chicken Biryani als zweiter Mahlzeit (Alternative: Putensandwich) plus Hühnchensalat (seltsamerweise keine vegetarische Option) und Apfelkuchen ging der Flug zu Ende.
Ankunft: Die fast pünktliche Landung in Bogotá erfolgte nach genau neun Stunden und 59 Minuten Flug gegen 16.30 Uhr Ortszeit. Im neuen Terminal des Eldorado International Airport verläuft alles wohl organisiert und nichts erinnert an das Chaos im alten Gebäude noch vor zwei Jahren.
Fazit: KLM brauchte zu lange mit der Umstellung auf flache Betten in Business, die heute Standard sind. Das neue Produkt ist solide, aber etwas glanzlos, und dem neuesten Air France-Produkt auf Langstrecken klar unterlegen.
Flug: KL 745
Flugzeugtyp: Boeing 777-200
Sitzkonfiguration: 2-2-2
Sitzabstand: 152,4 cm
Sitzbreite: 50,8 cm
Neigungswinkel Rückenlehne: 180°
Kontakt: www.klm.com