Noch vor kurzem war sie Standard in jedem Hotelzimmer: eine Ausgabe der Bibel. Mittlerweile wird sie meist nur noch auf Wunsch ausgehändigt. Was ist geschehen?
Das Marktforschungsinstitut STR hat gerade ermittelt, dass nicht mal mehr die Hälfte aller US-amerikanischen Hotels die Heilige Schrift in den Zimmern auslegen. 2006 waren es noch 95 Prozent gewesen. Der Bibelverein Gideons International begründet das so: „Der Rückgang reflektiert die Erosion des spirituellen Bewusstseins.“ Er meint damit wohl: die Hotelgäste sind einfach nicht mehr interessiert. Der Gideonsbund ist weltweit für die Auslage von Bibeln in Hotelzimmern verantwortlich.
Seit drei US-Handlungsreisende im Jahr 1899 damit begannen, hat die Non-Profit-Organisation mehr als zwei Milliarden Bibeln in die Schubladen weltweiter Hotelzimmer verteilt. Doch Gottes Wort bekommt immer mehr Konkurrenz: Wo einst außer dem Neuen Testament nur kahle Wände warteten, gibt es heute überall Fernsehen mit Dutzenden von Kanälen und immer häufiger auch Gratis-WLAN. Wer will da noch in einem Tausende Jahre alten Buch schmökern?
Die weltgrößte Hotelkette Marriott – gegründet 1927 von einem strenggläubigen Mormonen – verzichtet in ihren trendigen Häusern der Lifestylemarken Moxy und Edition auf „religiöse Materialien“. Nach eigener Aussage geschieht das „aus Respekt vor Nichtgläubigen und Angehörigen anderer Religionen“ unter den Hotelgästen.
Europas größte Hotelkette Accor legt sogar über alle Marken keine Bibeln mehr in den Hotelzimmern aus. Gegenüber der evengelischen Nachrichtenagentur Idea begründete das die Konzernleitung damit, dass man in religiöser Hinsicht neutral bleiben will. Wer sich in einem modernen Budget-Design-Hotelzimmer umsieht, wird aber auch schnell merken: Es gibt einfach auch keine Schubladen mehr, in denen das Buch der Bücher diskret Platz fände.