Das Bundeskartellamt prüft die Preissetzung der Lufthansa und ihrer Tochter Eurowings nach der Airberlin-Insolvenz. “Wir haben die Deutsche Lufthansa gebeten, uns Informationen über ihre Preissetzung zur Verfügung zu stellen. Wir werden uns die Daten ansehen und dann darüber entscheiden, ob wir ein Verfahren einleiten”, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt der Deutschen Presse-Agentur.
Nutzt die Lufthansa die Situation ungerechtfertigt aus? Wir nennen die (Hinter)-Gründe.
“Auf einigen Strecken sind die Preise bis zu 30 Prozent gestiegen”, zitiert die Süddeutsche Zeitung den renommierten Luftfahrtberater Gerd Pontius. Auf anderen sind es angeblich 15 Prozent. Letztlich sind durch den Airberlin-Ausfall allerdings nur fünf Strecken wirklich betroffen:
• von Berlin nach Frankfurt und Nürnberg,
• von München nach Hamburg und Köln
• und von Düsseldorf nach Hamburg.
Auf vielen anderen Strecken hat sich nicht viel geändert: Bereits vor dem Airberlin-Ende gab es in Deutschland nicht weniger als 48 Monopolstrecken, auf denen nur eine einzige Airline verkehrte – meist war das Lufthansa. Nur auf 15 Strecken gab es wirklichen Wettbewerb. Künftig sind es vermutlich 52 Monopolstrecken und elf mit Wettbewerb.
Preise bestimmen sich nach Angebot und Nachfrage. Das ist in der Luftfahrt nicht anders als am Gemüsemarkt. Am 28. Oktober hat Air Berlin ihren Betrieb eingestellt und damit rund 80 Flugzeuge aus dem Markt genommen. Innerdeutsch entspricht das etwa 15 Prozent Verknappung. Diese Flugzeuge sind zwar längst an Lufthansa und Eurowings verkauft, die neuen Eigner können sie aber noch nicht nutzen. Easyjet hat angekündigt, Ende Januar den Flugbetrieb aufzunehmen. Lufthansa muss noch die Kartellprüfung der Europäischen Kommission abwarten. So fliegen im Augenblick also 80 Flugzeuge weniger als sonst.
Die Zeiten, als für eine Strecke udn eine Flugklasse ein fester Preis aufgerufen wurde, sind lange vorbei. Heute werden unter den Stichwörtern “Yield Management” und “Ertragssteuerung” minütlich Preise und Konditionen an Nachfrage, Konkurrenz und Erwartungen angepasst. Das geschieht weitgehend automatisiert, auch wenn jede Strecke von sogenannten Brokern händisch nachjustiert werden kann. Die Parameter, mit denen die Preisberechnungen gefüttert werden, hat Lufthansa nach der Ariberlin-Pleite offenbar nicht geändert. Das musste sie aber auch gar nicht: Wenn die Nachfrage größer ist als erwartet, sind die Computer auch bisher schon darauf programmiert, die Preise anzuziehen.
Ob das ein unzulässiges Ausnutzen eines Kartells ist, hat das Bundeskartellamt nun zu entscheiden. Viel ändern wird es nicht können, denn auch Optimisten gehen von einer langwierigen Prüfung aus. Und ab Januar sollten die Preise ohnehin wieder sinken. Schließlich sind dann die fehlenden Airberlin-Flieger wieder im Markt. Lufthansa jedenfalls wappnet sich schon mal gegen mögliche Vorwürfe und fliegt publicityträchtig mit Boeing 747 Jumbojets zwischen Frankfurt und Berlin, als wolle sie damit deutlich machen: Wir tun alles, um das Angebot zu erhöhen.
Hinter den Kulissen hat Lufthansa allerdings wenig Anlass, sich mit Veränderungen zu beeilen. Aktuell fliegt die Flotte zu unerwartet hohen Preisen am Rand der Auslastungsgrenze. Welcher Kaufmann würde sich da nicht die Hände reiben und den unerwarteten Geldsegen einsacken? Allzu lange wird der Geldregen ohnehin nicht anhalten. Wenn wie erwartet die EU-Kommission am 7. Dezember ihre Einwilligung und die Einschränkungen benennt, dann wird Lufthansa die zusätzlichen gut 50 Maschinen in Bewegung setzen müssen. Ab Januar kommen 25 Easyjet-Flugzeuge (auf bisher noch nicht benannten Routen ab Berlin) dazu. Spätestens im Mai, so schätzen Brancheninsider, werden sogar mehr Flugzeuge im innerdeutschen Verkehr sein als zuvor – und damit die Preise wieder in den Sinkflug schicken.
(hwr)