Text: Jenny Southan, BUSINESS TRAVELLER Magazin 1/2016
Um die 500 Stufen bis zum oberen Ende des Moses Mabhida Stadions hinaufzuklettern, brauche ich – gesichert durch eine Art Bergsteigergeschirr – ganze 20 Minuten. Auf halber Höhe sehe ich einen Mann, der sich für einen Bungee-Jump fertig macht und wie paralysiert in die Tiefe starrt – die 80 Meter nach unten machen schon Eindruck. Das Stadion wurde 2009 für die WM im Folgejahr gebaut – von oben sieht man die Brandung des Indischen Ozeans und die Hochhäuser von Downtown auf der einen Seite, und ein Knäuel von Eisenbahnschienen, die in den Hauptbahnhof Durbans münden, auf der anderen Seite.
Euphorisiert von einer halben Million Fußballfans, die vor fünf Jahren die Stadt stürmten, entschlossen sich die Verantwortlichen, ihrer südafrikanischen Heimatstadt ein Facelift zu verpassen. Parallel zum riesigen Stadion mit 70.000 Sitzplätzen wurde die Strandpromenade in einen acht Kilometer langen Freizeitpark verwandelt, in dem man Spazierengehen, Joggen oder Radfahren kann – von Durban Point im Süden bis zur Blue Lagoon im Norden. Die Küste ist extrem beliebt bei den Südafrikanern, viele verbringen ihre Wochenenden hier, und Surfer frequentieren diese Gegend wegen ihrer weiten Sandstrände und riesigen Wellen. Was die Beliebtheit des Spots noch verstärkt, ist die Tatsache, dass man in den 1950er Jahren entlang der ganzen Küstenlinie Hainetze gespannt hat.
Auch einen neuen Airport gab es für die KwaZulu-Natal-Provinz (KZN) zur Fußball-WM: Der King Shaka International, benannt nach dem legendären Zulu-König Shaka, liegt etwa 35 Kilometer nördlich bei La Mercy. Er ersetzt seit Mai 2010 den Internationalen Flughafen Durban und soll stolze 6,8 Milliarden Rand (circa 690 Millionen Euro) gekostet haben. Mittlerweile wurden viele der alten Lagerhäuser und Wohnhäuser am Durban Point restauriert, es wurden Malls gebaut, eine Reihe neuer Hotels eröffnet, außerdem Buslinien und Taxi-Stände eingerichtet.
Wieder auf dem Boden – zum Bungee-Jump hätte mich kein Mensch der Welt überreden können – spreche ich mit James Seymour, Chef des Durban KZN National Convention Bureau, der mich herumführt: „Die ganze Küstenlinie entlang waren Bildschirme aufgestellt, auf denen man die Spiele verfolgen konnte. Die Atmosphäre war unglaublich”, erinnert sich Seymour. „Heute können wir in North Beach für Kongresse ein Großraumzelt für bis zu 10.000 Teilnehmer aufbauen, und wir haben hier mit der „Indaba“ jedes Jahr eine der größten Freizeitmessen der Welt hier, inklusive Partyzelt für 8.000 Gäste.
Im vergangenen Herbst gastierte das World Routes Forum in Durban, auf dem sich mehr als 300 Airlines und 800 Airports präsentierten. Die Stadt hat sich längst um eine bessere Anbindung über die Luft bemüht – bis vor kurzem mussten Passagiere aus Europa noch über Johannesburg fliegen, seit Dezember 2015 fliegt Qatar Airways ab Doha viermal wöchentlich mit dem Dreamliner nach Durban. Drei Jahre vor der Fußball-WM wurde das International Convention Centre (ICC) auf eine Ausstellungsfläche von 33.000 Quadratmetern verdoppelt. Dieses Jahr wird die Stadt dort 20.000 Gäste zur International AIDS Conference empfangen, als erste Metropole bereits zum zweiten Mal in der Historie der Veranstaltung. „Wir können um das Gelände herum die Straßen absperren“, sagt Seymour, „dazu sind Kapstadt und Johannesburg nicht in der Lage. Außerdem haben wir 15.000 Hotelzimmer für Delegierte, davon 3.600 in Fußnähe zum ICC”.