Wer neben- oder hauptberuflich als Selbstständiger unterwegs ist, kommt ohne kaufmännische Lösung kaum aus – selbst, wenn der Steuerberater die Steuererklärung übernimmt. Wir haben uns auch dieses Jahr vier Softwarepakete und drei Cloud-Dienste angesehen, mit denen es Nutzern besonders einfach haben.
Text: Björn Lorenz
Wer heute eine kaufmännische Lösung sucht, kann sich zwischen klassischer Software zum Installieren und Cloud-Diensten entscheiden. Welcher Weg der richtige ist, lässt sich pauschal nicht sagen. Es kommt auf das Unternehmen, das eigene Sicherheitsgefühl und die Art, wie gearbeitet wird, an. Klassische Software hat vor allem mit Blick auf Funktionsumfang und Ausbaufähigkeit die Nase vorn.
Die kaufmännische Software Sage Connected 50 umfasst die beiden Kernbereiche Finanzbuchhaltung und Auftragsbearbeitung. Standardprozesse sind solide ausgeführt und Geschäftsvorfälle dank einem effizienten Zugriff auf bereits hinterlegte Informationen schnell verarbeitet. Es bedarf es nur weniger Handgriffe, um aus Kunden- und Artikeldaten ein Angebot zu erstellen und dieses in eine Auftragsbestätigung oder Rechnung zu überführen. Bei der Belegbuchung unterstützen Eingabehilfen oder der Rückgriff auf Buchungsvorlagen, sofern es sich um wiederkehrende Fälle wie Miet- oder Versicherungszahlungen handelt. Bei komplexeren Aufgaben, wie Periodenabschlüssen oder Steueranmeldungen helfen Assistenten. Ein Pluspunkt sind die Profifunktionen aus der Warenwirtschaft, zu denen Stücklisten, Seriennummern, die Inventurunterstützung oder die Bestandverwaltung über mehrere Lager hinweg zählen. „Connected“ steht für den Blick über die Grenzen des eigenen Produkts: So sind etwa der digitale Rechnungsversand im ZUGFeRD-Format oder vereinfachte Zahlungsprozesse für Kunden via Paypal, Kreditkarte oder den Bezahldienst Stripe hinzugekommen. Wer viel unterwegs ist, kann direkt vor Ort Belege erfassen oder Kundendaten abrufen.
WISO Mein Büro richtet sich an kleine Unternehmen und Freiberufler, die steuerrechtlich ohne Bilanzierung auskommen. Die Kernfunktionen Finanzbuchhaltung, Auftragsbearbeitung und Online-Banking lassen sich wahlweise um zusätzliche Anbindungen – etwa für Lagerverwaltung, Kundenmanagement, Kasse oder einem Branchenmodul für Handwerker erweitern. Wer mobil mit Smartphone und Tablet arbeiten will, benötigt ergänzend die kostenpflichtige WISO Mein Büro Cloud. Bis auf die Bilanzierung ist die Software insgesamt gut ausgestattet. So können sich Nutzer beispielsweise mit übersichtlichen, grafischen Auswertungen schnell auf dem Laufenden halten. Die modulare Struktur hilft vor allem kleineren Betriebe kostengünstig mit einer schlanken Version zu starten und während des Wachstums nachzulegen. Positiv sind die teils enge Verzahnung zwischen kaufmännischen Prozessen und Office-Funktionen. Da man mit WISO Mein Büro nicht nur Rechnungen, sondern auch die gesamte Korrespondenz erledigen kann, sind alle Informationen zur Geschäftsbeziehung an einem Ort gespeichert. Mitunter kann man sich dadurch sogar zusätzliche Lösungen sparen.
WISO EÜR+Kasse 2022 ist eine klassische kaufmännische Software – ohne Cloud, ohne App, ohne viel Schnickschnack. Es ist die einzige Anwendung im Testfeld, die sich nativ unter Windows und macOS betreiben lässt. Da das Datenformat in beiden Fällen identisch ist, genügt theoretisch ein Cloud-Speicher, um beide Welten zu synchronisieren. Allerdings auf eigene Gefahr, denn offiziell wird dies nicht unterstützt. Dafür, dass die Software lediglich mit 70 Euro zu Buche schlägt, ist sie in den wesentlichen Punkten ordentlich ausgestattet. Wer Kunden und Artikel pflegt, kann Angebote mit wenigen Klicks zusammenstellen und später in Rechnungen oder Aufträge überführen. Auch eine Anlagenverwaltung ist an Bord, was in dieser Preisklasse keinesfalls selbstverständlich ist. Auch das Fahrtenbuch gehört nicht unbedingt zum Standard bei kaufmännischen Einstiegslösungen. Mit Blick auf die Buchhaltung beherrscht WISO EÜR+Kasse lediglich die EÜR, kann aber mit Buchungsvorlagen und einem integrierten Mahnwesen überzeugen. Schnittstellen gibt es nicht nur zum Finanzamt, sondern auch den Produkten der WISO Steuersoftware-Reihe, sodass sich die Ergebnisse der Gewinnermittlung direkt in die Steuererklärung übernehmen lassen.
Lexware financial office 2022 ist das einzige Paket im Test, das neben Auftragsbearbeitung, Buchhaltung und Online-Banking auch die Lohnabrechnung an Bord hat. Unternehmen können damit lückenlos alle kaufmännischen Unternehmensbereiche abdecken. Die einzelnen Prozesse und Funktionen sind geradezu liebevoll ausgestattet. So kann man etwa im Bereich der Auftragsbearbeitung Alternativpositionen einfügen, Artikel reservieren, Rückstände verwalten oder wiederkehrende Rechnungen erstellen. Zudem ist auch der Wareneinkauf abgedeckt – inklusive Bestellvorschlägen. Zum Umfang der Finanzbuchhaltung gehört ein digitaler Posteingang für eingehende Belege. Neben der Buchungsmaske platziert, lassen sich diese sehr effizient verarbeiten und gemeinsam mit dem Beleg sichern. Buchungsvorlagen, der schnelle Zugriff auf den Kontenstamm und Splittbuchungen helfen, Geschäftsvorgänge effizient zu verarbeiten. Zu den besten Eigenschaften der Software gehört der Hang zu transparenten Auswertungen. So gibt es nicht nur unzählige, druckorientierte Berichte, sondern auch Business Dashboards – selbst auf der Ebene einzelner Artikel und Kunden. Die aktuelle Version enthält aktualisierte Berichte und einen neuen Eigenverbrauchsrechner, der es auch mit E-Autos aufnimmt.
Bei Cloud-Diensten ist die Funktionsliste zwar oft etwas kürzer, doch dafür lassen sich diese Lösungen besonders flexibel einsetzen. Hier gehören zum Beispiel mobile Apps zum guten Ton.
Der kaufmännische Cloud-Dienst sevDesk Buchhaltung umfasst die beiden Bereiche Auftragsbearbeitung und Buchhaltung, wobei die Bilanzierung nicht unterstützt wird. Geschäftszahlen werden auf einem zentralen Dashboard präsentiert. Die Anpassungsmöglichkeiten sind zwar begrenzt, doch dafür kann man den Betrachtungszeitraum aller Grafiken per Aufklappmenü flexibel verändern. Inhaltlich werden dabei Übersichten zu Einnahmen und Ausgaben, Umsätzen oder den Rennern und Pennern im Produktsortiment angeboten. Der Umfang der Auftragsbearbeitung unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen Anbietern – bis auf die Tatsache, dass man wiederkehrende Rechnungen, etwa für langfristige Serviceaufträge anlegen kann. Gleiches gilt auch für die Einkaufsseite: Wer etwa die Abschlagsrechnung für den Strom als wiederkehrend definiert, spart sich die monatliche Belegerfassung. Die Buchhaltung ist belegorientiert. Die digitalen Dokumente werden von einer KI analysiert, die möglichst viele Felder der Eingabemaske automatisch belegt. Die Apps für mobile Geräte laufen derzeit nur auf dem Smartphone nicht aber auf Tablets.
Lexoffice XL ist ähnlich ausgerichtet wie sevDesk, besitzt aber ein gefälligeres Oberflächendesign. Beleginformationen wie Rechnungsnummer oder Rechnungsbetrag werden bei Buchung recht zuverlässig erkannt. Gemischte Einkäufe lassen sich per Splittbuchung komfortabel verarbeiten. Das Online-Banking dient in erster Linie dem Abgleich mit den laufenden Buchungen, beherrscht aber auch Überweisungen. Ergänzend zur Buchhaltung kann man bei lexoffice optional die Lohnabrechnung hinzubuchen. Angebote und Rechnungen sind schnell erstellt, wobei auch Abschlags- und Serienrechnungen unterstützt werden. Artikel- und Anlagenverwaltung sind schlank ausgelegt. Was positiv ins Auge fällt, sind die Mini-Dashboards auf Kundenebene, die einen schnellen Überblick über die Geschäftsbeziehung vermitteln. Anders als sevDesk gibt es lexoffice auch als Tablet-Version. Auf Smartphones kann neben der nativen App auch eine spezielle Scan-App eingesetzt werden. Unterwegs lassen sich Belege auch in englisch erfassen. Stößt man an Limits, stehen mehr als 50 Partnerlösungen, etwa für Reisekosten, Zeiterfassung oder Zahlungsverkehr bereit.
Der Cloud-Dienst debitoor ist in vier verschiedenen Varianten buchbar, wobei sich die Varianten L und M lediglich durch die Zahl der Nutzer unterscheiden. Wer seine Steuererklärung selbst erstellen will, benötigt mindestens die Version M, da die kleineren Pakete keine Umsatzsteuervoranmeldung unterstützen. Zum Leistungsspektrum gehören Auftragsverwaltung, Buchhaltung und Online-Banking. Letzteres stellt jedoch nur Kontenumsätze bereit, aber keine Zahlungsfunktionen. Die Belegerkennung übernimmt relevante Informationen wie Datum oder Rechnungsnummer automatisch und macht Vorschläge zur Kategorisierung. Komfortabel ist der Abgleich zwischen Buchhaltung und Kontoauszug, den debitoor mit einer intelligenten Automatikfunktion unterstützt. In Sachen Auftragsbearbeitung steht der Online-Dienst dem Wettbewerb in nichts nach. Der kaufmännische Prozess vom Angebot zur Rechnung ist sauber umgesetzt. Zusätzlich werden Abo-Rechnungen und Gutschriften bei Rücknahmen unterstützt. Exportorientierte Betriebe können aus mehreren Währungen und Sprachen wählen. Ähnlich wie lexoffice und sevDesk lässt sich auch debitoor M mit zusätzlichen Partner-Apps erweitern.
Welche Lösung die richtige ist, hängt von den betrieblichen Anforderungen und den Präferenzen der Anwender ab. Bei den klassischen Softwarepaketen ist Lexware financial office 2022 das ausgewogenste Paket mit einem hohen Funktionsumfang und einer gelungenen Benutzerführung. Bei den Cloud-Diensten liegt lexoffice wegen der gelungenen Anwenderunterstützung knapp vor sevDesk. Mit Blick auf den Funktionsumfang bewegen sich beide Angebote auf einem ähnlich hohen Niveau.
Die Anforderungen der Arbeitswelt haben sich verändert. Das betrifft auch Selbstständige. Erwartet werden etwa Erreichbarkeit und guter Service. Wo hingegen gearbeitet wird, ist weniger relevant. Cloud-Diensten spielt das in die Karten. Zumal sie bei den Kernprozessen Auftragsbearbeitung und Einnahmen-Überschuss-Rechnung oft besser aufgestellt sind als klassische Softwarepakete. Innovationen fanden zuletzt fast ausschließlich online statt – und Nutzer konnten davon unmittelbar profitieren. Sofern keine betrieblichen Anforderungen dagegensprechen, ist die Cloud bei kaufmännischen Lösungen mehr als eine Alternative. Sie ist in vielen Fällen erste Wahl. Das Thema Sicherheit spielt dabei keine Rolle. Oder will jemand ernsthaft behaupten, Daten in den eigenen vier Wänden besser schützen zu können als die Profis von Amazon, Microsoft, Google & Co.?
1. Platz | 2. Platz | 3. Platz | 4. Platz | |
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Hersteller | Lexware | Sage Software | Buhl Data | Buhl Data |
Produkt | Lexware financial office basis 2022 | Sage 50 Connected Standard | WISO MeinBüro Desktop Plus | WISO EÜR+Kasse 2022 |
Gesamtwertung | 95 | 94 | 88 | 82 |
Preis-/Leistungs-Verhältnis | sehr gut | sehr gut | gut | sehr gut |
Kaufpreis (Jahresversion) | 469.81 | nein | 214.9 | 69.95 |
Mietpreis (pro Monat) | 39.15 | 35.7 | nein | kein Mietangebot |
zusätzliche Hilfen (FAQ/Fachinformationen/Trainings) | ja/ja/E-Training & Online-Schulungen | ja/Leitfäden & Videos/Präsenz-Schulungen | ja/teilweise/Webinare & Lernvideos | ja/ja/nein |
EÜR/Bilanzierung | ja/ja | ja/ja | ja/kein Jahresabschluss | ja/nein |
Auftragsbearbeitung/Belegeingang | ja/ja | ja/ja | ja/ja | ja/nein |
Online-Banking/Kasse/vereinfachte Bezahlverfahren | ja/Plus-Version erforderlich/Giro-Code | ja/Zusatzmodul erforderlich/nein | ja/Zusatzmodul erforderlich/nein | ja/ja/nein |
Lohnabrechnung/Anlagenverwaltung/Reisekosten | ja/nein/nein | nein/Comfort-Version erforderlich/nein | nein/ja/nein | nein/ja/nein |
Steuerformulare USTVA/EÜR/ZM | ja/ja/ja | ja/ja/ja | ja/ja/nein | ja/ja/ja |
mobile Unterstützung | ja | als Zusatzmodul | über WISO Mein Büro Cloud | nein |
Fazit | ||||
Lexware financial office 2022 ist optimal ausgestattet und selbst für kleinere Mittelständler gut geeignet. Schön, dass sich die Software um Cloud-Dienste ergänzen lässt. | Sage 50 Connected zeigt keine Schwächen und lässt sich mit klugen Funktionen erweitern. Zusätzlich gibt es Upgrade-Pfade auf umfangreichere Schwesterprodukte. | WISO Mein Büro Desktop Plus ist kompakt, übersichtlich und einfach zu bedienen. Wegen der Modul-Struktur sollte man die eigenen Anforderungen gut kennen. | WISO EÜR+Kasse 2022 ist für Einzelkämpfer und nebenberuflich Selbstständige gut geeignet. Dass gilt vor allem, wenn sich die Anforderungen nicht mehr verändern. |
1. Platz | 2. Platz | 3. Platz | |
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Hersteller | Lexware | Sevenit | Debitoor |
Produkt | lexoffice XL | SevDesk Buchhaltung | Debitoor M |
Gesamtwertung | 94 | 91 | 84 |
Preis-/Leistungs-Verhältnis | sehr gut | sehr gut | gut |
Kaufpreis (Jahresversion) | nein | nein | nein |
Mietpreis (pro Monat) | 29.63 | 15.9 | ab 12 € |
zusätzliche Hilfen (FAQ/Fachinformationen/Trainings) | ja/ja/Tutorials | ja/Blog/Tutorial | ja/Blog & Lexikon/Tutorials |
EÜR/Bilanzierung | ja/kein Jahresabschluss | ja/kein Jahresabschluss | nein/kein Jahresabschluss |
Auftragsbearbeitung/Belegeingang | ja/ja | ja/ja | ja/ja |
Online-Banking/Kasse/vereinfachte Bezahlverfahren | ja/ja/nein | ja/ja/webbasierte Bezahlseite | nur Zahlungsabgleich/nein/nein |
Lohnabrechnung/Anlagenverwaltung/Reisekosten | ja/eingeschränkt/nein | nein/ja/nein | nein/nein/nein |
Steuerformulare USTVA/EÜR/ZM | ja/nein/ja | ja/ja/nein | ja/nein/nein |
mobile Unterstützung | ja | ja | ja |
Fazit | |||
lexoffice ist effizient, benutzerfreundlich und überzeugt mit klug platzierten Hilfen. Der Assistent zu pandemiebedingten Sonderabschreibungen ist ausgesprochen nützlich. | sevDesk gehört zu den besten kaufmännischen Cloud-Diensten für kleine Betriebe. Besonders die Abo-Rechnungen auf der Einkaufsseite sind eine Erleichterung. | debitoor M ist ein Cloud-Dienst, der mit gut gestalteten Businessgrafiken überzeugt. Der Funktionsumfang ist solide, sticht im Vergleich aber kaum heraus. |