Bordmagazine gehörten zu den ersten Posten, die man im ersten Jahr der Pandemie abschaffte. Ob für immer, ist noch offen.
Während der Hektik der ersten Pandemiephase im vergangenen Jahr hat es kaum einer gemerkt: Zusammen mit der Verpflegung und dem Heißgetränk verschwanden auch die Bordmagazine. Alles Opfer der strengeren Hygieneregeln und noch mehr des Kostendrucks.
Die sogenannten Inflight-Magazine gehörten zu den ersten Posten, die gestrichen wurden. Bereits am 15.3.2020 meldete der Mediendienst Meedia, dass die Lufthansa bei einer Tochterfirma des Verlagshauses Gruner und Jahr „wegen der Corona-Krise die Produktion und die Auslieferung aller Kundenzeitschriften vorübergehend gestoppt hat“.
Es betraf das Lufthansa Bordmagazin sowie die Vielflieger-Journale Lufthansa Exclusive und Womans World mit einer Gesamtauflage von über 500 000. Aber die Kranich-Linie ist nicht die einzige, die ihre Print-Produkte auf Eis gelegt hat. Auch die LH-Töchter Austrian Airlines und Swiss sowie auch British Airways, Brussels Airlines, Delta Air, Etihad, Qatar Airways, Southwest Airlines etc. stellten erst einmal die Publikation ihrer Hefte ein.
Doch wer bereits auf das Ende der Inflight-Magazine setzt, könnte sich verwetten. Denn die Druckerzeugnisse, opulent aufgemacht, haben in guten Zeiten nicht nur den Gästen die Zeit vertrieben, sondern sicherten den Fluggesellschaften zugleich willkommene Zusatzeinkünfte. Hohe Auflage und hohe Aufmerksamkeit – das ist der Jackpot im Anzeigengeschäft. Und die geschätzten 150 Bordmagazine, die es auf der Welt gibt, bieten beides in höchstem Maß.
Beinahe jeder Passagier, forbes.com zufolge rund 88 Prozent, nimmt auf einem Flug – und sei es nur aus Langeweile – mindestens einmal so ein Bordjournal aus der Vordersitztasche und blättert es durch. Dieses Verhalten hat sich seit 1952, als Pan Am mit Clipper Travel das erste Inflight-Magazin herausbrachte, offenbar nicht verändert. Wie sonst hätte sich das analoge Produkt, gedruckt auf teurem Papier, gegen die digitale Konkurrenz von Handys, Tablets sowie anderer elektronischer Unterhaltung an Bord so unangefochten behaupten können?
Einige Airlines wollen diese einmalige Chance der Kundenbindung nicht einfach so aufgeben und gehen einen anderen Weg. Sie halten am gedruckten Exemplar fest, haben aber zugleich die Verteilung im Flugzeug gestoppt. Air Canada, Qantas und United Airlines haben deswegen ihre Auflagen drastisch gekürzt und schicken die Hefte nur noch ihren Elitekunden ins Haus.
Allerdings sprechen gegen das gedruckte Inflight-Magazin auch gewichtige Argumente. Bekanntlich spart jedes Kilo weniger an Bord Kerosin. Als United Airlines dem Branchenmedium aerotelegraph.com zufolge 2017entschied, ihre Zeitschrift Hemispheres auf dünneres Papier zu drucken, sank das Gewicht je Heft um 28 Gramm und sparte so 643 000 Liter Sprit sowie Kosten von 250 000 Euro jährlich ein. Das bedeutete nicht nur weniger Ausgaben, sondern vor allem weniger CO2-Emissionen. Und da es sich bei Airline-Journalen meist um Hochglanzprodukte auf hochwertigem Papier handelt, schont jedes Exemplar weniger ebenfalls die Umwelt. Zugleich bedeuten weniger oder gar keine Bordmagazine auch ein geringeres Gesundheitsrisiko. Denn die Hefte wandern nicht mehr von Passagier zu Passagier.
Ob die traditionelle Bordzeitschrift nach der Pandemie wieder kommt, ist aber noch nicht ausgemacht. Schon jetzt wird reichlich experimentiert mit in Medienkreisen gerne verwendeten Begriffen wie dem Multichannel-Vertrieb, was nichts anderes bedeutet, als die Inhalte eines Airline-Journals auf jedem digitalien Kanal auszuspielen. Egal ob für jeden zugänglich auf der Airline-Website oder nach Ticketkauf nur mit Passwort-Zugang bzw. als Exklusiv-Link oder im Flieger über W-LAN auf dem Handy oder Tablet – alles ist heute schon möglich. Dennoch bleibt das altmodische, kostspielige Bordmagazin vorerst beliebter. Laut forbes.com wird bis dato das Angebot digitaler Magazinausgaben von maximal zehn Prozent der Fluggäste gelesen.
(thy)
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