Seit die großen Ferien begonnen haben, kann man es täglich im TV besichtigen: lange Warteschlangen an den Airports und gestresste Passagiere. Doch das Chaos ist nicht überall gleich groß.
Verspätungen, Flugannullierungen, verlorenes Gepäck und ausgedünnte Flugpläne – derzeit spürt jeder Passagier am eigenen Leib, wie sich Sparsamkeit und Fehlplanungen der Luftfahrtbranche auswirken. Doch unabhängig von der beliebten Schuldfrage ist das Chaos in Europa nicht gleich verteilt. Einige Flughäfen trifft es besonders hart.
Grundsätzlich handelt es sich dabei vor allem um die großen Drehkreuze, zu denen die Airlines ihre Kundschaft fliegen, um sie dann in größeren Maschinen von dort aus in die weite Welt zu schicken.
Deshalb sollte – wenn möglich – um folgende Airports ein Bogen gemacht werden:
Frankfurt Airport empfing vor Corona circa 70 Millionen Gäste. Aber während der Pandemie wurden rund 4000 Mitarbeiter entlassen. Das rächt sich derzeit. Denn wer will schon einen Job im Schichtbetrieb machen, der noch dazu nicht gut bezahlt wird und wo Urlaubssperren zum Alltag gehören? Kurzum, spätestens seit Pfingsten herrscht auch an Deutschlands größtem Flughafen auf absehbare Zeit noch Chaos.
Düsseldorf stand in erster Linie wegen des Sommerferienbeginns in Nordrhein-Westfalen in der Kritik. Das Bundesland hat mit knapp 18 Millionen die meisten Einwohner. Und einen gehörigen Teil dieser Bevölkerung zog es am ersten Ferienwochenende in die Sonne. Das wiederum verursachte Gepäckprobleme, die nur mithilfe der Feuerwehr behoben werden konnten.
Auch Hamburg, München und Köln/Bonn kämpfen mit Personalengpässen. Lange Warteschlangen sind jederzeit möglich. Doch der Chaosfrust bei den Fluggästen hält sich in Grenzen. Der Leidensdruck ist nicht ganz so hoch wie am Drehkreuz Frankfurt.
München sieht sich gut gewappnet für den Passagieransturm, der mit dem Ferienbeginn Ende Juli erwartet wird. Allerdings müssen in so einem Fall alle mitspielen, auch das Wetter. Ein heftiges Gewitter führte in der letzten Juniwoche in Kombination mit einer eingeschränkten Flugsicherung dazu, dass 3000 Koffer bei einem Zwischenstopp der Lufthansa am Boden blieben.
Amsterdam Schiphol hat vor Corona rund 70 Millionen Passagiere pro Jahr durchgeschleust. 100 000 Reisende pro Tag waren kein Problem. Doch seit Mitte Juni hat der Airport wegen fehlender Mitarbeiter die Zahl der Passagiere auf ein Maximum begrenzt. Im Juli können täglich maximal 67 500, im August 72 500 Personen pro Tag abgefertigt werden. Hunderte von Flügen wurden in der Folge gestrichen.
London-Heathrow schafft in normalen Zeiten rund 80 Millionen Passagiere pro Jahr. Doch derzeit herrscht trotz Flugstreichungen immer Gedränge an den Sicherheitskontrollen. Allein die Enge verursacht Stress und Streit. Zudem war London-Heathrow bereits vor der Pandemie berüchtigt für seine mangelhafte Gepäckabfertigung. Die hat der riesige Airport auch jetzt noch nicht im Griff. So stapelten sich zum Beispiel am 17. Juni wegen eines technischen Problems Tausende von Koffer in Terminal 2.
London-Gatwick kämpft ebenfalls mit Personalnotstand. Das Chaos an den Pfingsttagen war eine Vorwarnung. Die Konsequenz ist, dass ähnlich wie in Amsterdam die täglichen Kapazitäten für die Sommermonate begrenzt wurden. Im Juli sollen deshalb maximal 825 Starts und Landungen stattfinden, im August 850.
Der Flughafen von Paris Charles de Gaulle hat die gleichen Probleme wie die Mitbewerber. Aber zugleich sind Frankreichs Gewerkschaften stark. Und wann ist der Druck auf die Arbeitgeber am größten? Genau, wenn Tausende von Fluggäste warten und Hunderte von Flügen deswegen in Gefahr sind annulliert zu werden. Deswegen hat die französische Gewerkschaft CDG die Flughafenmitarbeiter nicht nur am 30. Juni streiken lassen, sondern weitere Arbeitsniederlegungen mitten in der Ferienzeit angedroht, falls die Forderungen nach mehr Lohn und besseren Arbeitsbedingungen nicht erfüllt werden.
Apropos Flughäfen in Ländern wie Griechenland, Italien, Spanien und Türkei: Auch da herrscht gegenwärtig Hochbetrieb, doch von Chaos ist nicht die Rede. Istanbul Airport meldete sogar einen neuen Rekord: Am heutigen Freitag, den 8. Juli, werden 230.000 Passagiere sowie 1.422 Landungen und Starts erwartet – Bestleistung für das neue Drehkreuz am Bosporus.
(thy)
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