Auf der Aircraft Interiors Expo gab es diesmal keine Weltneuheiten und AHA-Momente. Aber wer Business Class oder darüber fliegt, darf sich schon einmal auf raffiniertes Gestühl freuen.
Jedes Jahr pilgern alle, die mit Kabinendesign zu tun haben, nach Hamburg zur Aircraft Interiors Expo (AIX). Dort kann man besichtigen, was die Branche sich so ausgedacht hat. Gewicht, Umweltverträglichkeit und Raumlösungen gehören zu den großen Themen. Auffallend in diesem Jahr war, dass es wenig Sensationelles gab, dafür ging alle Energie in die Veredelung bestehender Trends.
Was das Sitzen betrifft so zeichnet sich in den gehobenen Klassen eine deutliche Kombination ab: Es geht darum, dem Kunden mehr Privatsphäre zu bieten bei gleichzeitiger größtmöglicher Flexibilität. Es werden daher Multitask-Sitzmöglichkeiten für jeden Zweck geschaffen, und das aus Gründen der Rentabilität auf so wenig Raum wie möglich. Zugleich haben die Airlines mit diesen neuen Sitzwundern die Möglichkeit, ihre Flugklassen aufzusplitten und unterschiedlichste Sitzversionen zu gestaffelten Tarifen anzubieten. Das Ergebnis lässt sich an den Produkten dreier Sitzhersteller ablesen:
Mittlerweile tragen Flugsitze Namen, die allein schon nach Zukunft klingen. Der VantageNOVA First von der ehemals in Nordirland gegründeten Firma Thompson Aero Seating besitzt die Möglichkeit, in eine zentrale Stern-Konfiguration gedreht werden zu können. Auf einer Fernstrecke ergibt sich auf diese Weise für ein Viererteam rund um einen Tisch zu tagen oder auch nur Skat zu spielen.
Für diese Sitzanordnung sind zusätzliche „Buddy Seats“ gegenüber den Hauptsitzen sowie ein System beweglicher Trennwände, mit denen benachbarte Suiten je nach Bedarf verbunden oder isoliert werden können. Auch die seitlichen Bereiche bieten verschiedene Konfigurationen, darunter gegeneinander gestellte Fischgrätreihen für Alleinreisende. Jeder Sitz ist mit einem „Buddy Seat“ für Interaktion ausgestattet und bietet gleichzeitig eine geräumigere Schlafgelegenheit.
Mit der Entwicklung von VantageNOVA First setzt sich der Trend fort, innerhalb der Business Class unterschiedliche Sitzplätze anzubieten. Vorzugsweise die erste Reihe sowie die Reihenmitte ermöglichen mehr Platz für Mini-Suiten.
Die RENDEZ-VOUS-Serie der zu Airbus gehörenden Firma wurde bereits vor zwei Jahren eingeführt. Die Business-Kabine besticht durch freundliches und zugleich elegantes Design. Überraschungen gibt es nicht, aber viele kleine Verbesserungen. So behält der Sitz die versetzte Anordnung und bietet zwei Hauptkonfigurationen: die zentrale „Honeymoon“-Version, die Paaren die Möglichkeit bietet, ein Doppelbett zu bilden, und die „Solo“-Version, die Geschäftsreisenden mehr Privatsphäre bietet. In beiden Fällen bleibt der direkte Zugang zum Gang – mittlerweile Standard in der Business Class – erhalten.
Die Optimierungen konzentrieren sich vor allem auf die Ergonomie und mehr Privatsphäre. Die seitlichen Trennwände wurden neugestaltet, eine großzügige Schiebetür verstärkt das Gefühl von zusätzlicher Privatsphäre. Verbessert wurde die nun die deutlich intuitivere Konsole und ein Esstisch mit mehr Stabilität.
Der Hersteller unterstreicht zugleich den umweltfreundlichen Ansatz durch die Verwendung leichterer und recycelbarer Materialien – ein Trend, der auf der AIX deutlich zu erkennen war. Auch die Modularität des Produkts wird betont. Die Sitzelemente sind sowohl mit den Großraumkabinen von Airbus und Boeing kompatibel.
Der schwäbische Sitzhersteller Recaro gehört zu den klassischen Familienunternehmen. Es zählt zugleich zu den Pionieren in der Branche und ist Experte in Sachen Sitzergonomie sowie dem Einsatz gewichtssparender Verbundmaterialien. Mit dem Recaro R7 setzt das Unternehmen auf seine traditionellen Stärken Raumoptimierung und betriebliche Effizienz. Das Resultat ist eine individualisierbare Mini-Suite.
Der R7 löst mit einer gewissen Nüchternheit alle Herausforderungen, die an ihn gestellt wurden: optionale Schiebetüren, vielfältige individuelle Einstellmöglichkeiten, verbesserte optische Trennung und hochwertige Materialien – kurzum alle Eigenschaften, die einen State-of-the-Art-Sitz ausmachen. Und noch mehr: eine bekannt robuste und gediegene Ausführung sowie ein intelligentes Layout. Geschätzt wird R7 folglich wegen seiner Kabineneffizienz bei gleichzeitig größtmöglichem Freiraum für den Passagier sowie für seine Flexibilität, die den Sitz für Schmalrumpfflugzeuge sowie dichten Sitzkonfigurationen prädestinieren.
(thy)
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