Flyersrights, Amerikas starke Stimme in Sachen Passagierrechte, kritisiert das US-Verkehrsministerium, weil es noch Jahrzehnte weiter viel zu kleine Toiletten in Schmalrumpfflugzeugen zulässt. Mini-WCs könnten aber auch ein Thema in Europa werden.
Bereits lange vor Corona war bekannt, dass vorzugsweise die Industrienationen immer dicker werden. Besonders die Vereinigten Staaten haben ein Gewichtsproblem. Dort gelten der OECD zufolge bereits 73 Prozent der Bevölkerung als übergewichtig bzw. gar adipös. Mit gravierenden Folgen für die Gesundheit der Betroffenen.
Besonders unangenehm wird es jedoch, wenn Fluggäste mit XXL-Format sich in XXS-Toiletten zwängen müssen. Das müssen sie in den schmalen Jets mit nur einem Gang wie zum Beispiel den Flugzeugtypen B737 und A200. Beide Modelle werden zigfach auf Strecken bis zu sechs Stunden eingesetzt.
Deswegen unterstützte Flyersright den Plan des US- Verkehrsministeriums, eine Regel einzuführen, die Hersteller verpflichtet, zugängliche Waschräume für alle einzubauen. Allerdings hat das Vorhaben einen Haken: Das Ministerium will die Umsetzung der Vorschrift frühestens in 18 bis 20 Jahren zur Pflicht machen.
„Wir begrüßen die Absicht des Verkehrsministeriums, aber die Verzögerung ist unerhört lang. Dies betrifft die Gesundheit und Würde der Passagiere. Stattdessen scheint es, als ob die Airline-Bilanzen die Oberhand gewonnen hätten“, kritisierte Paul Hudson, Präsident von Flyersrights, die Behörde.
Der Präsident der Verbraucherorganisation trifft damit einen Punkt, der in anderen Ländern ebenfalls zum Thema werden könnte. Denn bekanntlich nimmt in Europa die Bevölkerung nicht nur numerisch, sondern auch Pfund für Pfund beständig zu. In Portugal, Ungarn, Finnland und Großbritannien leben die dicksten Menschen. Doch auch in der Bundesrepublik gelten laut OECD schon 60 Prozent der Population als übergewichtig. Und die meisten Kurz- und Mittelstrecken werden mit Schmalrumpfflugzeugen bedient.
Weniger Gewicht, mehr Sitzreihen stehen schon immer auf der Wunschliste der Airlines. Es gilt die Ideallinie zwischen Flugkomfort und Airline-Profit zu finden. Bereits Mitte 2017 mit der Auslieferung des viel gehypten ersten neuen Sparflugzeugs Boeing 737 MAX fing der Ärger mit den Mini-Toiletten an. Sie gehörten zu den ersten Kritikpunkten der Fluggäste.
Eingebaut worden was das Waschraum-Modell „Spacewall“ der Firma Rockwell Collins. Allgemein zugänglichem Werbematerial ist zu entnehmen, dass rund 18 Zentimeter mehr Platz eingespart wurden. Es sind die 18 entscheidenden Zentimeter am Boden, die zusammen mit ergonomischen Super-Slim-Stuhlreihen mehr Passagiere in einem Flugzeug ermöglichen.
Aber nicht nur Rockwell Collins tüftelt an immer kleineren Waschräumen. Alle Kabinenausstatter versuchen durch Design beschränkten Toilettenraum immer intelligenter auszunützen. Die Resultate tragen futuristische Namen wie „Space-Flex v2“ von Zodiac Aerspace, mit dem zum Beispiel Jetblue seine 130 Airbus A320 nachgerüstet hat.
Der deutsche Kabinenspezialist Diehl Aviation, der eng mit Lufthansa Technik kooperiert, hat ebenfalls ein Toilettenelement im Angebot, dessen Breite von rund 93 auf knapp 80 Zentimeter Breite („space optimized lavatory“) geschrumpft wurde.
Es ist also nur ein Frage der Zeit, wann das Problem der XXL-Passagiere und der XXS-Toiletten auch in Europa ankommt.
(thy)
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