Nachdem der Gesetzgeber den so wichtigen Insolvenzschutz auch im neuen Reiserecht nicht vorsieht, kommt nun ausgerechnet von den klassischen Laden-Reisebüros eine praktikable Lösung
Erst Air Berlin, dann Niki, schließlich die britische Monarch: Im vergangenen Jahr sind gleich drei wichtige Ferienfluggesellschaften in die Insolvenz gegangen. Mehrere hunderttausend Reisende waren betroffen: Sie verloren ihr Geld und mussten, wenn sie bereits unterwegs waren, auch noch eine Rückreise organisieren. Verständlich, dass jetzt nicht nur mancher Urlauber, sondern auch viele Business Traveller nach einer Möglichkeit suchen, den nächsten Flug abzusichern. Das freilich war bislang praktisch unmöglich. Doch jetzt ist Licht am Ende des Tunnel zu sehen.
Bislang gibt es eine Zweiklassensicherheit bei Reisebuchungen. Nur Pauschalurlauber sind abgesichert. Bei Paketen aus mindestens zwei wesentlichen Reisebestandteilen schreibt der Gesetzgeber den Anbietern vor, Buchungen gegen die Pleite von Leistungsträgern (und sich selbst) zu versichern und dafür Sicherungsscheine auszustellen. Im Notfall springt also die Versicherung ein. Einzelne Reiseleistungen müssen dagegen nicht abgesichert werden. Wird also ein Flugticket einzeln gebucht, wie es bei Geschäftsreisen üblich ist, so ist das Geld bei einer Pleite in der Regel verloren.
An dieser misslichen Lage ändert sich auch nichts Grundlegendes mit dem Inkrafttreten des neuen Reiserechts am 1. Juli. Im Vorfeld hatten zwar die Verbraucherschutzverbände vehement gefordert, endlich auch einzeln gebuchte Leistungen abzusichern. Das wusste aber die Airline-Lobby zu verhindern. So kam nur eine windelweiche Lösung heraus: Reisebüros, die (egal ob im Internet oder im Ladengeschäft, für Urlaubs- oder Geschäftsreisen) “verbundene Leistungen” verkaufen, also z.B. Flug und Hotel, müssen hierfür einen Insolvenzschutz auftreiben. Aber einzelne Leistungen bleiben weiter ungesichert. Immerhin: Wer ab dem 1. Juli innerhalb von 24 Stunden beim selben Mittler oder Online-Portal Flug und z.B. Hotel oder Mietwagen bucht, sollte künftig unter die Absicherungsregel fallen. Auf der sicheren Seite ist, wer auf einer gemeinsamen Rechnung für alle Leistungen besteht.
Mittlerweile haben auch einige Anbieter reagiert: So bietet der Reisebürodienstleister Hahn Air praktisch allen deutschen Reisebüros versicherte Tickets von 400 Airlines weltweit zum Weiterverkauf an. Und das britische Versicherungsunternehmen “International Passenger Protection” (IPP) verkauft inzwischen seine Policen auch an Endkunden.
Zusätzlich haben sich in den vergangenen Wochen zahlreiche Reiseveranstalter entschlossen auch ihre angebotenen Einzelleistungen freiwillig zu versichern. So ist es für absicherungswillige Business Traveller durchaus eine Überlegung wert, auch ihre Geschäftsreise beim Ticketshop eines Urlaubsveranstalters zu buchen. Abgesichert sind Nurflugbuchungen ab Juli z.B. beim Branchenriesen Tui, bei FTI, Bentour und Olimar. Achtung: Andere Anbieter wie der Branchenzweite Thomas Cook sichern an Einzelleistungen nur Hotels und Ferienwohnungen ab, nicht jedoch Mietwagen und Flüge. Alltours schließlich belässt es bei den gesetzlichen Vorgaben und versichert freiwillig gar nichts.
In diesen Flickenteppich kommt nun ausgerechnet von den guten alten Reisebüros Bewegung: Die von vielen bereits totgesagten Ladengeschäfte um die Ecke haben sich eine clevere Lösung einfallen lassen. Konkret bietet ihre wichtigste Kooperation QTA ab dem 2. Juli ein Servicepaket namens “Quality plus” (Q+) an. QTA vertritt mehr als die Hälfte aller niedergelassenen Reisebüros, zur Kooperation gehören Gruppen wie Neckermann Reisen Partner, Reiseland, RTK/RT-Reisen, Schmetterling und TUI Travel Star.
Quality plus wird jedem Kunden angeboten und enthält automatisch eine Insolvenzversicherung. Die gilt nicht nur für Fluggesellschaften, sondern auch für andere Einzelleistungen wie Hotels. Dazu kommt eine Anreiseversicherung, etwa für den Fall einer Panne auf der Fahrt zum Flughafen, und weitere Versicherungen.
Zu diesem Versicherungspaket können die Reisebüros weitere, individuelle Services packen. Die Optionen reichen von der Visumbesorgung bis zur Paketannahme während der Abwesenheit. Den Preis dafür legt jedes einzelne Reisebüro individuell fest; der Zielkorridor liegt aber mit 15 bis 25 Euro im bezahlbaren Rahmen.
Ist das Ganze nur ein neuer Versuch, dem Reisenden eine weitere Versicherung aufzuschwatzen? Dagegen verwahrt sich QTA-Chef Thomas Bösl vehement: “Nein, darum geht es nicht”, erklärt er. “Wir wollen dem Kunden die lästigen Dinge von der Schulter nehmen. Wer will schon gern selbst Visa besorgen, Sondergepäck anmelden, Reiseunterlagen zusammenstellen?” Das, so meint er, kann das Reisebüro besser und schneller. Seine Vision ist, dem reinen Preiswettbewerb im Internet einen intelligenten Leistungswettbewerb entgegenzustellen: “So etwas wie die Pleite von Air Berlin soll unsere Kunden wenigstens finanziell nicht mehr treffen.”
Diese Zusage könnte schon bald wichtig werden. Denn als Autofahrer kann man aktuell an den Tankstellen feststellen: Die Treibstoffpreise steigen gerade deutlich. Für Carsten Spohr und Michael O’Leary, die sonst in heftiger Abneigung zerstrittenen Airline-Chefs von Lufthansa und Ryanair, war das bereits Anlass für eine ungewohnt gemeinsame Aussage: Die steigenden Kerosinkosten dieses Sommers werden wohl nicht alle Airlines überleben.
(hwr)