Nach dem Flughafen-Kurzschluss von Hamburg sind sich die betroffenen Passagiere einig: Die verlorene Zeit kann ihnen niemand zurückgeben. Aber haben sie wenigstens das Recht auf finanziellen Ausgleich. Wir haben uns erkundigt.
Laut EU-Fluggastrechteverordnung steht dem Passagier bei Annullierung oder Verspätung seines Fluges um mehr als drei Stunden eine Entschädigung zu. Je nach Flugstrecke beträgt diese zwischen 250 bis 600 Euro. Allerdings gilt der Anspruch nicht, wenn es sich um „außergewöhnliche Umstände“ handelt. Dazu zählen Streiks, politische Querelen und Wetterkapriolen.
Zusätzlich muss sich eine Airline um alternative Beförderungsmöglichkeiten zum Reiseziel kümmern und ggf. eine Hotelunterbringung sowie Verpflegung organisieren. Auf diese sogenannten Betreuungsleistungen haben die Passagiere in jedem Fall Anspruch, auch wenn die Fluggesellschaften keine Schuld am Stromausfall am Hamburger Flughafen haben.
Weiterhin gilt: Die Flugtickets behalten ihre Gültigkeit, man muss also kein Extra-Ticket für einen späteren Ersatzflug bezahlen. Wenn der ursprüngliche Flug annulliert wurde oder die Verspätung mehr als fünf Stunden beträgt, dürfen die Passagiere zudem ihren Flugschein zurückgeben und sich das Geld rückerstatten lassen.
So weit, so klar. Um eine Frage streiten sich dagegen aktuell die Juristen: Ist der Stromausfall von Hamburg ein ungewöhnlicher Umstand? Dann müssten die Airlines nämlich keine EU-Ausgleichszahlungen leisten.
André Schulze-Wethmar vom Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) sieht das so. Er sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass Fluglinien laut Gesetz nicht entschädigen müssen, wenn Flüge wegen „außergewöhnlicher Umstände“ gestrichen werden.
Anders sieht es der renommierte Reiserechtler Ronald Schmid, der auch für den Inkassodienst Fairplane tätig ist. Schmid sagte dem Stern, dass es auf die genaue Ursache des Stromausfalles ankomme. „Liegt diese im Verantwortungsbereich des Flughafens, wird man nicht von einem außergewöhnlichen Umstand ausgehen können.“ Der Experte meint, solange „der Flughafenbetreiber Erfüllungsgehilfe des Luftfahrtunternehmens ist, muss sich dieses einen möglichen Fehler des Flughafenbetreibers zurechnen lassen.“
Zu klären sei in diesem Zusammenhang ebenfalls, warum ein Kurzschluss das gesamte Stromnetz lahm legen konnte und warum keine Notstromaggregate eingeschaltet werden konnten. Schmid geht davon aus, dass der Flughafen jedenfalls nicht ganz schuldlos sein könnte.
Sollten die Ursache beim Flughafenbetreiber liegen, dann könnten sich die betroffene Passagiere an ihre Airline und diese wiederum an den Flughafen wenden.
Wirklich klar ist im Augenblick nur eins: Der Blackout vom 3. Juni wird ein juristisches Nachspiel haben. Die Gechädigten können sich das in aller Ruhe anschauen. Denn ihre Ansprüche verjähren erst nach drei Jahren.
(hwr)