Double Dip: Der EuGH gesteht sowohl dem Reisenden als auch dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Ausgleich zu
Wenn sich der Flieger auf Dienstreisen erheblich verspätet, er ganz gestrichen wird oder der Passagier wegen Überbuchung nicht mitgenommen werden kann, dann muss die Airline Ausgleichszahlungen leisten. Diese Zahlungen stehen immer dem Reisenden selbst zu. Das regelt der Wortlaut der EU-Fluggastrechte-Verordnung völlig unmissverständlich.
Dabei ist es unerheblich, wer das Flugticket bezahlt hat. Es ist auch nicht relevant, ob das Ticket vielleicht deutlich billiger war als die Ausgleichszahlung, die dem Fluggast zusteht. Die pauschale Zahlung ist nämlich als Ersatz für die zusätzlich in Anspruch genommene Zeit des Flugpassagiers gedacht.
Grundsätzlich sollen die EU-Ausgleichszahlungen also den Passagier für seine nutzlos aufgebrachte Zeit entschädigen und nicht die Kosten der Flugverspätung für den Arbeitgeber ausgleichen. Aber der Arbeitgeber hat eben auch einen Schaden. Und dafür kann er nach einem wenig bekannten Urteil des Europäischen Gerichtshofs Schadenersatz einklagen.
Im konkreten Fall flogen zwei Mitarbeiter des Sonderermittlungsdienstes der Republik Litauen mit der Fluggesellschaft Air Baltic nach Aserbaidschan. Ihr Flugziel erreichten sie jedoch erst mit 14 Stunden Verspätung. Nach litauischem Recht musste der Arbeitgeber den beiden Schlapphüten daraufhin zusätzliche Reisekosten und Sozialversicherungsbeiträge bezahlen. Dieses Geld forderte er von der Airline zurück. Der EuGH urteilte: Bei einer Flugverspätung seiner Mitarbeiter kann ein Arbeitgeber Schadenersatz von der Airline verlangen. Die Fluggesellschaft haftet für Schäden, die dem Arbeitgeber durch die Verspätung entstanden sind (Az. C-429/14).
Allerdings gilt laut EuGH-Urteil die im Montrealer Übereinkommen festgelegte Höchstsumme für Verspätungsschäden, das sind aktuell rund 5.000 Euro. Außerdem dürfen die Schadensersatzleistungen für den Arbeitgeber nicht die Summe übertreffen, die auch der Reisende individuell einfordern kann.