Wenn der Koffer erst auf Umwegen an Ziel kommt, darf sich der Reisende in der Zwischenzeit Überbrückungskleidung kaufen. Allerdings setzen die Richter für solche Noteinkäufe bei verspätetem Gepäck enge Grenzen.
Der Reisende war gut auf Malta angekommen, sein Gepäck jedoch nicht. Erst einen Tag nach dem Besitzer erreichte auch sein Koffer den Bestimmungsort. Um bei seinem ersten Geschäftstermin passend gekleidet zu sein, kaufte der Mann das Notwendigste neu ein. Er erwarb Kleidung und Hygieneartikel. Die Rechnung von knapp 1300 Euro stellte er der Fluggesellschaft.
Die fand das zu ausschweifend und bekam beim Amtsgericht Frankfurt Recht (Az:30 C 570/17 (68)). Die Frankfurter Amtsrichter hielten die von der Airline gezahlten 300 Euro für angemessen. Die Argumentation des Mannes, der Geschäftstermin sei wichtig gewesen, er trage auch sonst nur luxuriöse Kleidung und könne wegen einer Allergie Hotel-Kosmetika nicht benutzen, beeindruckte den Richter nicht. Das Gericht entschied, erforderlich seien nur die notwendigen Dinge für eine Übernachtung gewesen. Der Kläger war von der Airline informiert worden, dass sein Gepäck am nächsten Tag eintreffen werde.
Mit diesem Urteil kam der Malta-Reisende ohnehin schon besser weg als andere Fluggäste in vergleichbaren Fällen. Im vergangenen Jahr hatte eine Reisende, deren Koffer drei Tage drei Tage lang auf sich warten ließ, Blusen, Hosen, Schuhe und Kosmetik für 465 Euro erworben. Das Amtsgericht Köln fand das zu ausschweifend (Az. 142 C 392/14) und hielt in so einem Fall 150 Euro für ausreichend.
Die Bandbreite zwischen 150 und 300 Euro liegt in der Größenordnung dessen, was auch andere Gerichte meinen. Denn der Reisende darf zwar auf Kosten der Fluggesellschaft notwendige Dinge kaufen, aber er muss den Schaden in Grenzen halten.
Kann die Fluggesellschaft das Gepäck nicht rechtzeitig mit dem Passagiere am Zielort ausliefern, dann muss sie nur die Ausgaben für eine „Grundgarderobe“ bezahlen, urteilte in einem anderen Fall auch das Amtsgericht Frankfurt (Az. 29 C 2518/12).
In diesem Fall hatte der Passagier einen Flug von Frankfurt über Mailand nach Bari gebucht. Am Mailänder Flughafen wurde gestreikt, der Passagier erreichte Bari mit einem Ersatzflug, die beiden Koffer aber erst zwei bzw. fünf Tage später. Der Fluggast kaufte daraufhin diverse Kleidungsstücke als Ersatz.
Die Ersatzanschaffungen blieben mit 852,56 Euro unter den 1.350 Euro, die das Montrealer Abkommen als Höchstgrenze für verlorene oder verspätete Koffer zieht. Das Gericht sprach dem Passagier aber auch hier nur einen Teil der Ausgaben zu.
Passagiere, so die Richter, dürfen sich “notwendigen und angemessenen Ersatz” kaufen. Die Airline musste die Kosten für je eine Garnitur Unterwäsche, Oberbekleidung sowie Badekleidung und Schuhe ersetzen. Über diese Grundausstattung hinausgehende Dinge seien allerdings nicht nötig gewesen, entschied das Gericht.
Beim Rückflug nach Hause sind die Grenzen für die Erstattung nach geltender Rechtsprechung sogar noch enger. „Dem Reisenden entsteht durch die Verspätung des Gepäcks in der Regel kein Schaden“, erläutert Beate Wagner von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Und das wäre die Voraussetzung für die Erstattung von Ausgaben.
Als verloren gilt ein Gepäckstück, wenn es nach 21 Tagen noch nicht aufgetaucht ist. Nach dem Montrealer Übereinkommen können Fluggesellschaften verspätete oder verlorene Koffer mit einem maximalen Betrag von 1131 IWF-Sonderziehungsrechten pro Passagier (https://de.wikipedia.org/wiki/Sonderziehungsrecht) erstatten. Diese Höchstgrenze ist vor allem wichtig, wenn der Koffer nicht mehr auftaucht.
Wenn Sie etwas kaufen, so empfiehlt Hermann-Josef Tenhagen vom Verbraucherportal Finanztip, sollten Sie sich auf die nötigsten Gegenstände beschränken und unbedingt alle Rechnungen aufheben. Erkundigen Sie sich vorher bei der Airline, was sie erstattet. Teilweise gelten Tagessätze – unabhängig davon, was Sie kaufen. Manche Fluggesellschaften geben auch eine Grundausstattung aus.
(hwr)