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Die persönlichen Reiseerfahrungen der BUSINESS TRAVELLER-Redaktion: Luftfahrtexperte und BT-Autor Andreas Spaeth testet die First Class der Emirates in der Boeing 777-300ER auf der Strecke Frankfurt – Dubai. Das hat er dabei erlebt…
Text: Andreas Spaeth
Hintergrund: Im Jahre 2003 war Emirates die erste Airline, die vollkommen private Suiten mit Schiebetür in First Class angeboten hat. Inzwischen haben andere Airlines das Produktniveau stark angehoben, und die Gesellschaft aus Dubai musste ihr Produkt überarbeiten. Daher finden sich als Weltneuheit im ersten halben Dutzend neu gelieferter Boeing 777-300ER jetzt völlig abgeschlossene First-Class-Abteile in der Art eines Hotelzimmers. Anlass zu übergroßem Enthusiasmus ist jedoch nicht gegeben. Denn: Obwohl Emirates mit derzeit fast 150 Boeing 777 die weltgrößte Flotte dieses Typs besitzt, wird es bis Ende 2019 maximal acht bis neun Flugzeuge mit dem neuen Produkt geben. Eins davon fliegt seit kurzem regulär den Vormittagsflug EK44 von Frankfurt nach Dubai.
Gelegentlich kommen die neuen Flugzeuge auch schon auf anderen Deutschland-Strecken wie nach Hamburg zum Einsatz. Ob vorhandene 777-300ER nachgerüstet werden, ist noch unklar. Eine Umrüstung der betriebenen A380 ist hingegen längerfristig geplant, dort werden es dann elf neue anstelle von bisher 14 Suiten sein.
Check-in: Ich habe online eingecheckt und reise nur mit Handgepäck, begebe mich daher direkt zur Passkontrolle im Terminal 2 des Frankfurter Flughafens.
Lounge: Emirates verfügt unweit ihres Gates im Terminal 2E über eine eigene Lounge, allerdings keine spezifischen Räumlichkeiten für First-Passagiere. Die Lounge ist groß und hell, allerdings sind Ambiente und Mobiliar ein wenig in die Jahre gekommen und könnten eine Auffrischung gebrauchen. Das Angebot an Zeitungen und Zeitschriften ist ebenso üppig wie das Buffet, wo sogar zwei Sorten Champagner in Kühlern bereitstehen. Großes Minus: Es gibt kaum Strom-Steckdosen an den Sitzplätzen.
Boarding: Leider liegen die Lounges im Terminal 2 vor der Sicherheitskontrolle. Dort gibt es zwar eine Priority Lane, doch die bringt bei meinem Abflug keinen Nutzen, weil hier auch ein Ferienflug in die Türkei startet und sich niemand vom Flughafen- und Sicherheitspersonal um irgendwelche Prioritäten schert. Hier müsste Emirates dafür sorgen, dass ihre Premium-Passagiere auch am Boden bevorzugt behandelt werden. Das eigentliche Einsteigen geht dann zügig vonstatten.
Der Sitz: Gleich am Eingang werden Passagiere von einer indirekt beleuchteten Darstellung des Ghaf-Baums begrüßt – der Nationalbaum der Vereinigten Arabischen Emirate ist eine Art Leitmotiv des neuen Produkts und taucht im ganzen Flugzeug auf. Die First Class besteht aus sechs Suiten statt zuvor acht, die jetzt in 1–1–1-Konfiguration (1+2A, 1+2E sowie 1+2K) angeordnet sind. Am spektakulärsten sind die E-Suiten in der Mitte, die mit drei Fensterimitationen und virtuellem Außenblick auf der rechten Seite eine echte Neuheit bieten.
Die Suiten mit 2,13 Metern Länge und bis zu 3,7 Quadratmetern Fläche lassen sich jetzt durch einteilige, bis zu 2,21 Meter hohe und per Hand bedienbare Schiebetüren vollkommen abschließen. Beeindruckend sind die hohe Decke der Suite, die Vielzahl an Staumöglichkeiten und zahlreiche innovative Einfälle, die von der Wahl der Stimmungsbeleuchtung bis zur individuellen Temperaturkontrolle reichen. Letztere wurde aus Oberklasse Autos adaptiert, zumal Mercedes als Designpartner fungierte.
Wenn sich der extrem komfortable Sitz aus feinstem hellem Leder in aufrechter Position befindet, ist es problemlos möglich, in der Suite aufzustehen, sich zu strecken oder sich einen der Feuchtigkeit spendenden Schlafanzüge anzuziehen, die hier angeboten werden. Zur Entspannung gibt es eine besonders bequeme Sitzposition, die sich „schwerelose Sitzeinstellung, inspiriert von NASA-Technologie“ nennt. Die Bettlänge von 1,98 Metern ist unverändert geblieben und entspricht dem derzeitigen Produkt.
Eine Branchenneuheit ist eine Klappe in der Wand der Suite, durch die die Kabinenbesatzung Speisen und Getränke bringen kann, ohne die Tür öffnen und stören zu müssen. Gleichzeitig kann sie so die Passagiere in Notfällen im Blick behalten. Auch neu: Fluggäste können in der Suite über ein Tablet, über das sich auch alle Komfortfunktionen steuern lassen, einen Video- oder Sprachanruf in der Bordküche tätigen. Beim Flugbegleiter können so Servicewünsche aller Art vorgebracht werden. Warum man nicht direkt mit dem Menschen sprechen soll, der sich in Rufweite befindet, erschließt sich mir nicht.