Die Streichung von Flügen könnte in Europa zur neuen Normalität werden, weil die Airlines versuchen, ihre Gewinnspannen angesichts steigender Kerosinpreise (+89 % im Jahresvergleich) zu schützen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Versicherungsgruppe Allianz Trade.
Die Fluggesellschaften hätten wenig Anreiz, den Personalmangel kurzfristig zu beheben, heißt es weiter, weil die Löhne 25 Prozent ihres Umsatzes ausmachten. Das habe zur Folge, dass die Flugpreise in Europa anstiegen: Nach Jahren des Rückgangs erwartet Allianz Trade für 2022 einen Preisanstieg von 21 Prozent. Das werde zwar zu einem Anstieg der Einnahmen um 102 Prozent führen, aber nicht ausreichen, um ein drittes Jahr in Folge mit Nettoverlusten (rund -9,7 Mrd. Euro) zu verhindern. Die europäischen Fluggesellschaften erreichten erst 2023 die Gewinnschwelle, so die Prognose. Trotz höherer Preise prognostiziert die Studie eine weiterhin starke Nachfrage. 2019 habe die globale Auslastung durchschnittlich 90 Prozent sowie 85 Prozent für Europa betragen. Heute liege sie bei 77 beziehungsweise 71 Prozent und zeige damit deutliche Anzeichen einer Erholung. Die Verbraucher seien reisefreudiger und bereit, ihre Reisen zu verkürzen oder in günstigeren Unterkünften zu übernachten, um die höheren Transportkosten zu kompensieren.
Eine noch größere Herausforderung stelle langfristig die Umstellung auf umweltfreundliche Technologien dar, da die Konkurrenz durch die Bahn zunehme. Außerdem werde die Flottenereneuerung sehr teuer und Vorschriften für die Verwendung von nachhaltigem Flugbenzin beeinträchtigten die Gewinnspannen ebenfalls: Die bis 2045 vorgeschriebene Mischung von nachhaltigem Treibstoff (SAF) und Kerosin – 38 Prozent/62 Prozent – werde die Treibstoffkosten um 57 Prozent erhöhen.
Nach dem Kerosin, das vor der Pandemie die Airlines weltweit rund 25 Prozent ihrer Gesamteinnahmen kostete, waren Löhne und Gehälter der zweitwichtigster Kostenpunkt mit 19 Prozent der Einnahmen. Bei den europäischen Airlines waren es bedingt durch höhere Mindestlöhne sogar 25 Prozent. Dies erkläre, warum sie den Personalbestand nach einer Entlassungswelle 2020 auch 2021 reduzierten – um weitere acht Prozent im Jahresvergleich, während die Wettbewerber in Nord- und Südamerika ihren Personalbestand im Durchschnitt um 14 Prozent im Jahresvergleich erhöhten.
Der Personalmangel in Verbindung mit Streiks der Beschäftigtenhätten zu vielen Flugstreichungen geführt, was wiederum die Preise in die Höhe getrieben habe. Der durchschnittliche Flugpreis für Europa sei von knapp 193 Euro im Februar 2022 auf rund 215 Euro im Mai angestiegen. Kurzfristig komme die Verknappung von Flügen den Fluggesellschaften sogar zugute, da sie ihre Einnahmen eher durch Preiserhöhungen als durch Mengensteigerungen steigern könnten. So könnten diese die negativen Auswirkungen der steigenden Kerosinpreise auffangen und die zusätzlichen Kosten für die Einstellung neuer Mitarbeiter aufschieben.
Die gesamte Studie finden Sie hier
sus