Beherbergungsverbot hin oder her: Dass die Hotellerie im Dornröschenschlaf versinkt, ist ein Gerücht. Der Betrieb muss am Laufen gehalten werden – so mancher GM fühlt sich derzeit wie ein Hausmeister. Ein Blick hinter die Kulissen der Living Hotels…
Tür zu, Licht aus, alle gehen nach Hause? Von wegen. Auch wenn derzeit nur Businessgäste kommen dürfen, bedeutet das nicht, dass im Hotel nichts passiert. Wolfgang Skuballa und Janet Stache, Direktoren der Living Hotels in München, gewähren einen Blick durchs Schlüsselloch und erklären, warum Lockdown für sie nicht Stillstand bedeutet: „Auch wenn der harte Hotel-Lockdown zum Glück schon länger hinter uns liegt und wir wieder Businessgäste empfangen können, (…) hat sich unser Alltag doch völlig verändert und wir sind eher Problemlöser, Motivatoren, Hygienemaßnahmen-Kontrolleure und Hausmeister als Gastgeber“.
In der Praxis sieht das so aus:
Hotel-Reinigung 24/7 von A bis Z
Auch, wenn die Türen für Geschäftsreisende oder Städtewechsler geöffnet seien, tickten die Hotelalltag-Uhren derzeit anders, leiser und sei einfach leerer als sonst. Was aber nicht heiße, dass man die nicht gebuchten Zimmer, Apartments, Wellness- und Lobbybereiche einfach absperren könne.
„Die Grundreinigung und Instandhaltung in allen Bereichen der Häuser findet nach wie auf täglicher Basis statt“ so Wolfgang Skuballa und Janet Stache. „Hinzu kommt die Umsetzung der Hygienemaßnahmen,die mehr Zeit in Anspruch nimmt, da ja alles penibel desinfiziert wird. Um bei den gestiegenen Arbeitsabläufen dennoch budgetbewusst zu agieren, reinigen wir zum Beispiel momentan auch unsere Vorhänge und die Fenster selbst. Denn ob full house oder nicht, hier sprechen wir von Kosten, die anfallen und getragen werden müssen, selbst wenn manche Bereiche und Räumlichkeiten über einen gewissen Zeitraum nicht genutzt sind.“
Der Wasserhahn läuft auch, wenn keiner da ist
„Laut der Trinkwasserversorgung müssen alle 72 Stunden sämtliche Wasserentnahmestellen (Waschbecken, Dusche, Gäste WC, Küchen und überall dort, wo ein Wasserhahn ist etc.) gespült werden – und zwar in der Taktung 3 Minuten kaltes Wasser, 3 Minuten warmes Wasser. Wenn also Zimmer und Apartments länger nicht bewohnt sind (oder wie 2020 Lockdown ist), ist ein Mitarbeiter nur dafür zuständig, sämtliche Wasserentnahmestellen im Haus zu bedienen. Für die Direktoren heißt das dann, „dass pro Entnahmestelle ca. 6 bis 9 Liter Wasser pro Minute einfach durchlaufen. Dieser Vorgang bedeutet für uns natürlich einen immens hohen Wasserverbrauch. Da blutet einem unter dem Aspekt des Umweltschutzes und unserem sorgsamen Umgang mit Ressourcen im Rahmen unseres Green Globe-Engagements wirklich das Herz, aber das sind nun einmal die Auflagen, an die wir uns genauestens zu halten haben.“
Und auf einmal ist man auch noch Gärtner
„Viele unserer Häuser haben Balkone, Terrassen oder große, bepflanzte Dachterrassen, um die sich normalerweise ganzjährig Gärtner kümmern. Das machen wir als Team-Projekt jetzt gerade selbst“, sagt Janet Stache vom Living Hotel am Olympiapark, die gerade selbst mit ihrem Team, den Abteilungsleitern und den sieben Auszubildenden die Terrassen der Maisonetten und zweistöckigen Terrassen-Apartments säubert, das Gestrüpp jätet, die Sträucher schneidet und die bodentiefen Fenster reinigt, denn: „sich nicht darum zu kümmern, ist ja keine Alternative. Darum heißt es jetzt Ärmel hochkrempeln, einfach machen und in Zeiten wie diesen ist sich bei uns auch keiner für solche Arbeiten zu schade. Denn am Ende geht es darum, das größte Unternehmensziel einhalten zu können, nämlich, dass alle Kollegen und Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz behalten.“
Dauerbrenner Lüftungsanlage
Ein echtes Dauerthema im Hotel ist die Zu- und Abluft. Die Lüftungsanlage kann man nicht einfach abschalten, denn wenn sie nicht regelmäßig durchlüftet werden, „können sich im worst case Sporen bilden“, weiß Wolfgang Skuballa. Das heißt, dass in jedem stillgelegten Haus die Lüftungsanlage laufen muss, damit sie nicht kontaminiert. „Wir können das zwar ein Stück weit herunterregulieren, aber es bedeutet nichtsdestotrotz einen hohen Stromverbrauch.“
Die Ausbildung von Auszubildenden
Ein Bereich, den man auf den ersten Blick vielleicht nicht sieht, der aber für alle Direktoren ganz weit oben auf der Prioritätenliste steht. „Wie soll man Auszubildenden etwas beibringen, wenn ein Hotel nicht im Modus-Normal-Operandi ist, kein Frühstücks- und Restaurantbetrieb und Gästekontakt stattfindet? Das ist eine große Verantwortung“, fasst Janet Stache die Lage zusammen. Damit die aktuell lernende Generation auch entsprechend ausgebildet wird, lassen sich die Direktoren allerhand einfallen: So werden per Zoom-Meeting mit den Ausbildern Webinare abgehalten, um den Lernbetrieb aufrechtzuerhalten und die jungen Leute auf die Zwischenprüfungen vorzubereiten. Es gibt ein eigenes Online Portal, in dem sie Aufgaben gestellt bekommen sowie interaktive Seminare, wie man z.B. Tischdecken, Servietten und Bettwäsche richtig faltet und legt. „Am wichtigsten ist aber, dass wir für sie da und jederzeit greifbar sind und gerade jetzt auch Aufgaben, wie das Thema Fenster oder Terrassen alle zusammen erledigen. Da gibt es dann auf alle Fälle allerhand zu lachen, wenn man als Direktorin die Scheibe erstmal auch nicht lupenrein sauber bekommt“.